Unsere Deutsche Wurzeln - Our German Roots
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FESTSCHRIFT ZUR GENERAL-KIRCHENVISITATION 1928:

Teil 1. Begrüßungsschreiben, Das Evangelium im Strehlener Lande, Das Gemeinschaftsfest auf dem Rummelsberge.
Teil 2. Arnsdorf, Crummendorf, Eisenberg, Friedersdorf, Großburg, Hussinetz,
Teil 3. Lorenzberg/ Jäschkittel, Markt-Bohrau, Nieder-Rosen, Olbendorf, Prieborn, Riegersdorf,
Teil 4. Ruppersdorf, Schönbrunn, Schreibendorf, Steinkirche, Strehlen, Türpitz.

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Die evangelischen Kirchgemeinden des Strehlener Kreises.

Kirchspiel/Parish Schönbrunn
Schönbrunn

Schönbrunn.

Von P. Scholz, Schönbrunn.

Die Nachrichten aus der ältesten Zeit der kirchlichen Vergangenheit Schonbrunns sind sehr spärlich. Bei einer Reparatur des Kirchturms und Abnahme des Turmknopfes im Oktober 1869 fanden sich zwei Urkunden von 1686 und 1816; sie waren jedoch derart schadhaft geworden, daß aus ihnen nichts mehr zu entnehmen war. Das älteste Kirchenbuch ist während des 30jährigen Krieges verloren gegangen, ein 1657 angefangenes mitsamt dem Pfarrarchiv verbrannt. So beginnt unser jetziges ältestes Kirchenbuch erst mit dem Jahre 1741; es ist verhältnismäßig jung und doch immerhin ein ehrwürdiger Zeuge der Vergangenheit. Ein gütiges Geschick hat es gefügt, daß uns der —wohl älteste—Taufstein erhalten ist; er trägt die Jahreszahl 1356 und hat jetzt seinen Platz in der freien Natur, im Pfarrgarten. Er ist— wie die meisten Taufsteine damaliger Zeit—ein Achteck und läßt einen Schluß auf die Erbauungszeit der alten Kirche zu.

Kunst- bezw. Altertumswert besitzen noch: ein Epitaph an der Nord-Außenseite (1578), zwei Epitaphien im Altarraum (1702 und 1726), der Altar, ein Beichtstuhl in der Sakristei, eine rote samtene Altardecke (1618), eine grüne seidene Wappendecke (1747), ein Hostienbehälter (1692) und ein Abendmahlskelch (1709).

Der Einzug der Reformation scheint hier völlig reibungslos vor sich gegangen zu sein. Sie kam eben einem allgemeinen Verlangen entgegen. Der Sitz der zuständigen Kirchenbehörde war damals Brieg.

Schwierigkeiten stellten sich erst — wie überall in Schlesien —— zur Zeit der Gegenreformation ein. Sie trägt die Schuld an der konfessionellen Zersplitterung unserer Provinz. Wir gehörten ja damals politisch zu Österreich, und in Wien schürten die Jesuiten mit fanatischem Haß und wußten die Kaiser zu ihren gefügigen Werkzeugen zu machen. Nach dem Tode des letzten Piastenherzogs i. J. 1675 kam für das Fürstentum Brieg eine Zeit der Bedrückung.

Evangelische Kirche in Schönbrunn Hier hatte man allerdings wenig Glück. Als kaiserliche Reiter die Kirchtür versiegelt hatten, um die lutherischen Gottesdienste zu sperren, und bereits beim Forsthaus Spähne waren, holte sie der damalige Kirchenpatron, Freiherr Friedrich v. Bock, ein und zwang sie, das Siegel wieder zu entfernen. Es war ein Sonnabend gewesen, und das Mittaggeläut hatte ausfallen müssen. Seitdem wird — zur Erinnerung daran — Sonnabends um 2 Uhr geläutet.

Als späterer Besitzer des hiesigen Gutes ragt Ernst Julius von Seydlitz hervor. Er gehörte der pietistischen Richtung an und stand in enger Führung mit dem Grafen v. Zinzendorf, der bei ihm i. J. 1726 zu Besuch war. 1734 siedelte er nach Peilau über, da er wegen seiner Gesinnung fortwährenden Anfeindungen ausgesetzt war, und gründete von da aus die Brüdergemeine Gnadenfrei. Einzelne Gemeindeglieder zogen ihm nach. Seit dieser Zeit hat eine Beziehung bestanden zwischen unserer Gemeinde und Gnadenfrei. Der Name dieses Ortes hängt zusammen mit der Gefangensetzung Seydlitz' in Jauer und seiner Befreiung durch Friedrich den Großen. Damals dichtete Zinzendorf ein Lied mit dem Schluß: „Durch Seydlitz' Kettenfeier ward Sein klein Kreuzkirchelein Gnaden frei und freier".

Weltgeschichtliche Bedeutung hätte unser Ort beinahe dadurch erlangt, daß Friedrich der Große um ein Haar von dem damaligen Besitzer des Gutes, Baron v. Warkotsch, dem er vollstes Vertrauen schenkte, in die Hände der Österreicher gespielt worden wäre. Er hat am 15. 8., 6. 10. u. 9. 11. 1761 in unserm Schloß in Quartier gelegen, die letzte Nacht hat er am Kamin sitzend verbracht. Außer dem Jäger Kappel hat der Pastor Gerlach das Verdienst, daß der Verrat entdeckt wurde.

Wir besitzen über diesen Vorfall zwei ansprechende Erzählungen: „Die Pfarrfrau von Schönbrunn" von dem kürzlich verstorbenen Schriftsteller-Pastor Paul Schreckenbach. der an Ort und Stelle Forschungen angestellt hat, und „Der Verräter" von Rudolf v. Gottschall.

Von 1825—1831 bekleidete das hiesige Pfarramt Pastor Julius Müller. Er ist als nachmaliger Professor der Theologie in Halle besonders durch sein Werk „Die Lehre von der Sünde" weiten Kreisen bekannt geworden.

Einer der bedeutendsten schlesischen Geistlichen seiner Zeit war Pastor Robert Maydorn, hier von 1845—1857. Er vertrat einen streng lutherischen Standpunkt und genoß einen hervorragenden Ruf als Prediger. Von ihm sind 2 Bände Predigten erschienen. Besondere Verdienste hat er sich erworben durch seinen Kampf gegen den Mißbrauch des Alkohols; zu diesem Zwecke gründete er den „Hoffnungsbund". —

Wegen Baufälligkeit mußte die alte Kirche abgebrochen werden; (an ihrer Stelle wurde unser jetziges, größeres Gotteshaus errichtet und am 27. September 1897 von Generalsuperintendent D. Erdrnann dem gottesdienstlichen Gebrauch übergeben. —

Der Weltkrieg forderte große Opfer von der Gemeinde. An unserer Kriegergedächtnistafel stehen 33 Namen. Das Andenken der Gefallenen und der in der Heimat verstorbenen Krieger wurde noch geehrt durch ein Denkmal, das aus heimischen Steinen errichtet— einen betenden Krieger darstellt.

Wir haben auch zwei Glocken und die Orgelprospektpfeifen hingeben müssen. Während letztere ersetzt sind, konnte bisher nur eine (kleine) Glocke angeschafft werden; die mittlere ist uns geblieben.

Die Kirchgemeinde zählt z. Z. 499 Seelen. Der durchschnittliche Besuch der Gottesdienste beträgt 15,4 Prozent, der der Abendmahlsfeiern 84 Prozent.

Möchte die Gemeinde sich ihren kirchlichen Sinn wahren und wachsen in allen Stücken an dem, der das Haupt ist, Christus !


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