GENERAL:
·
Grammar and expression are
mostly, but not always corrected. If it was not clear what the writer wanted to
say/express word order and syntax is kept as it originally was.
·
Names of people differ in the
spelling used by the writer(-s) and could thus be actually spelled differently.
KEY:
(grey) –
personal/explaining comments (I. Bednarz)
(?) – not sure about
transcription, translation or meaning
[…] – unreadable word
[---] – unreadable or cut
passage
G28-30:
Schaafheim, den 24ten Dezember
1860
Liebe Schwester und Schwager,
wenn euch mein Schreiben antrifft wie es mich verlässt,
dann soll es mich herzlich freuen. Wir sind Gott sei Dank noch recht gesund.
Wir haben ja lange Zeit nichts von euch gehört. Ich hätte euch schon mit dem Höfling
von Pflaumheim ein Briefchen geschickt, aber da hatte ich noch etwas vor,
welches noch nicht vollzogen war, welches mein Wunsch schon lange Jahre gewesen
ist. Ich habe mir immer gewünscht, ich mochte doch auch in meinem Eigentum
wohnen, so habe ich es mit großer Freude erlangt. Den 28ten Juli
dieses Jahr bin ich in mein Eigentum gezogen. Ich habe mir ein anderes Haus
gekauft, wo ich jetzt allein wohne und niemand hat mir etwas zu sagen. Ich will
euch auch genau schreiben was es für ein Haus ist. Es ist das Haus in der
Bachgasse, wo dein alter Petter (Taufpate) darin gewohnt hatte. Das habe ich von
Georg Burghardt seinem Pachtenmann Heinrich Trippel gekauft für 900 und 50
Gulden. Der ist in das Oberhessen gezogen wo noch einige Haushaltungen von
Schaafheim hingezogen sind.
Über meinen Schreiben fällt mir ein, dass wir als Kinder
manchmal miteinander gezankt haben und unsere Eltern haben gesagt, ihr werdet
noch gerne miteinander sprechen, wenn ihr könnt. O könnte ich doch nur eine
Stunde mit dir sprechen. Ich kann nicht sagen, dass ich nur meine
Blutsverwandte habe in Schaafheim, wenn sie könnten sie würden mich auch um das
Meinige bringen, dass ich betteln müsste. Da heißt es immer der reiche Mann.
Gott segnete mich aber mit getreuen Nachbarn und
desgleichen. Die Schwester Katharina ist die einzige, die zu mir kommt.
Sonst weiß ich weiter nichts zu schreiben.
Mein Geschäft geht sehr gut. Ich habe mich so emporgeschafft,
dass ich jetzt der erste Schuhmacher bin in Schaafheim. Ich arbeite Jahr aus
Jahr ein mit zwei Mann, ein Gesell und ein Lehrjung. Ich lehre jetzt schon den
5ten Lehrjungen.
Wir haben zwei Dürrejahre gehabt. Das eine Jahr kein Heu,
das andere Jahr kein Krummet auf trockener Wiese gar nichts. Seit dem letzten
Johannitag (24. Juni) haben wir aber nichts wie Regen fast jeden Tag Regen und
kalt dabei, sodass unsere Dickwurzeln auch wieder schlecht geraten sind, aber
die Kartoffeln sind ganz gut geraten. Unser Korn auf der Hart ist kurz
geblieben, weil es im Frühling so lang kalt war.
Sonst weiß ich weiter nichts zu schreiben.
Eins ist mir noch ein großer Kummer, welches ich aber
Gottes Wille anheim stelle, dass wir keine Kinder haben. Diese Freude kann ich
dann nicht genießen. Ich denke immer „Was Gott tut, das ist wohl getan, voll Weisheit
ist sein Wille.“
So will ich dann mein Schreiben für dies Mal beschließen.
Ich verbleibe euer getreuer Bruder und Schwager
Ludwig Hitschler
Liebe herzliche Grüße von eurer alten
Mutter.
Was mich anbelangt bin ich nicht mehr so
gesund, es geht rückwärts. Es geht mir Gott sei Dank gut.
Deine alte Mutter verlangt, dass du der Schwester
Dorothea benachrichtigen sollst von den zwei Geschwistern, welche gestorben
sind.
Viele Grüße an euch und eure Kinder
Barbara Dietz
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English
translation G28-30:
Schaafheim, December 24, 1860
Dear sister and brother-in-law,
If my letter reaches you the way it leaves me, I will be heartily glad. All of us are still quite well, thank God. Wir haven’t
heard from you in a long time. I had sent you a little letter
with Höfling from Pflaumheim but there was one more thing I had planned which
wasn’t completed yet but has been my wish for years. I have always wished to
live in my own property, so I have now achieved it with great joy. This year
July 28th I moved into my property. I bought a different house where
I live on my own and no one has a say in anything. I want to write you in
detail what kind of house it is. It is the house in the Bachgasse where your
old godfather lived I bought it from Georg Burghardt’s landlord Heinrich
Trippel for 950 guilder. He moved to Upper-Hesse where some other households
moved to from Schaafheim.
While I am writing I remember that we have been fighting sometimes when
we were kids and our parents said there will be a day when we will want to talk
to each other, if we can. O could I only speak to you for an hour… I can’t tell
that I only have blood relatives in Schaafheim. If they could they would cut me
out of my possessions so that I would have to beg. They only speak of me as the
rich man. God blessed me with loyal neighbors and likewise. Sister Katharina is
the only one who comes to me.
I don’t know what to write about other than this.
My business flourishes. I worked my way up so that I am now the first
shoemaker in Schaafheim. I work year in, year out with two men, a fellow and an
apprentice boy. I now teach the 5th apprentice boy.
We had two drought years. One year now hay, the other no after grass,
nothing on a dry meadow. Since the last St John’s day (June 24th) we
have nothing but rain, almost everyday rain and cold so that our spoonworts
went bad but the potatoes turned out quite well. Our grain on the hill stayed
short because it was so cold in spring.
That is all I can write about.
One thing still bothers me a lot which I relate to God’s will, it is
that we still don’t have any children. I can’t
enjoy my pleasure. I always think “what God does is right, full of wisdom is
his will.”
So, I want to close my letter for this time.
I remain your loyal brother and brother-in-law
Ludwig Hitschler
Warm regards from your old mother.
Speaking of me I am not so well anymore, it goes
backwards. I am fine, thank God.
Your old mother asks that you inform your sister Dorothea
about the two siblings who passed away.
Greetings to you and your children
Barbara Dietz (partly written by Barbara Dietz,
Dorothea Dietz’ mother)