Unsere Deutsche Wurzeln - Our German Roots
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GRÜNHARTAU

Heimatblatt, August 1974 - Mai 1975 (10 Fortsetzungen)

Vorwort
I. Allgemeine geschichtliche Bemerkungen
II. Gründung und geschichtliche Ereignisse der Kirche zu Grün-Hartau
III. Die äußeren Verhältnisse der Kirche zu Grün-Hartau
A. Die Pfarrer an der Kirche zu Grünhartau waren:
 . . . a., unter herzoglicher Regierung
 . . . b., unter der böhmischen Regierung
 . . . c., unter Königl. Preuß. Landesregierung
B. Die Patrone der Kirche zu Grünhartau

C. Als Organisten und Lehrer haben
 . . . I. an hiesiger Kirche und Schule gewirkt
 . . . II. Lehrer an der Filialschule zu Manze
D. Kirchväter seit 1634

ANHANG
 . . . I. Grünhartau
 . . . II. In Reisau
 . . . III. In Glofenau
 . . . IV. In Campen
 . . . V. In Manze
 . . . VI. In Roßwitz
A. Erbscholtiseibesitzer waren
B. Besitzer des Freigutes in Grünhartau
C. Erbkretschambesitzer

D. Erbmüller
E. Erbschmiede
ZWEITER ANHANG
Kirchspiel/Parish Kr. Strehlen: Kampen
Grünhartau,
früher Kr. Nimptsch,
ab 1932 Kr. Strehlen
früher Kr. Nimptsch, ab 1932 Kr. Strehlen: Glofenau, Grün Hartau, Manze, Reisau, Stoschendorf
1880 Roßwitz zu Markt Bohrau

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Denkschrift zur Einweihungsfeier des neuerbauten Thurmes der evangelischen Kirche zu Grünhartau, am XIII. Sonntage nach Trinitatis, den 29. August 1858, als dem Tage der Bekrönung desselben mit Knopf und Kreuz; seiner theuren Kirchgemeinde gewidmet von Otto Robert Hertwig, Pfarrer in Grünhartau.

Vorwort

Indem ich Dir, theure Gemeinde, nachfolgende Geschichtsblätter in die Hände zu geben mir erlaube, spreche ich zunächst die herzliche Bitte aus, daß Du diese geringe Gabe eben so freundlich entgegennehmen, als ihren Werth nachsichtig beurtheilen mögest. Je vergeblicher mein jahrelanges Suchen nach ergiebigen geschichtlichen Quellen war, aus welchen ich sichere Nachrichten über die früheste Vergangenheit unserer Kirche und Kirchgemeinde zu schöpfen hoffte, desto schwieriger wurde der Versuch, die wenigen hier und da; wie einzeln liegende Steine einer längst verfallenen Ruine, sich zerstreut findenden historischen Notizen zu einem nur halbwege zusammenhangenden und übersichtlichen Ganzen zu verarbeiten. Darin liegt nun auch der Grund, weshalb so manche zum teil wichtige Frage in Betreff der kirchlichen Verhältnisse der Vorzeit entweder gar keine oder doch nur unvollkommene Beantwortung finden konnte. Vieles mußte nur kurz angedeutet werden, was einer näheren Begründung und ausführlicheren Erörterung bedurft hätte. Demohngeachtet hoffe ich, soweit mir das geschichtliche Material zur Benützung vorgelegen hat, aus demselben das Merkwürdigste geschöpft und dabei etwas Wesentliches für das nachstehend entworfene historische Gemälde nicht übergangen zu haben.

Die Quellen, auf welche sich gegenwärtige geschichtliche Darstellung gründet, sind folgende:

I. Für die allgemeinen geschichtlichen Bemerkungen:

1) H. A. Stenzel: Geschichte Schlesiens I. Theil; von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1355. Breslau 1853 und
2) Desselben Urkunden-Sammlung: Scriptores rer. siles. I. Theil.

II. Für den Nachweis der ältesten Geistlichen an unserer Kirche:

3) Ehrhardt: Kirchen- und Prediger-Geschichte des Furstenthums Brieg, Liegnitz 1782.

III. Für den Nachweis der Patrone unserer Kirche:

4) einige in den Kirchen-Akten befindlichen Dokumente aus alter Zeit und
5) eine durch die Güte des Herrn Grafen Stosch auf Manze dem Verfasser zur Kenntnisnahme dargebotene Abschrift der Urkunde, welche sich in einem früheren Knopfe seines Schloßthurmes vorgefunden hat.

IV. Für den Nachweis der übrigen Kirchenbeamten und die beigefügte allgemeine Personal-Chronik der Kirchgemeinde:

6) die sämmtlichen Kirchenbücher 12 Bände in Folio.
7) ein sehr dankenswerther ausführlicher Auszug aus den Grünhartauer Schöppenbüchern und den noch vorhandenen älteren Gemeinde-Akten durch Herrn Gerichtsschreiber Graben von hier, sowie endlich
8) eine eben so genaue Uebersicht der seit dem Anfang dieses Jahrhunderts in der Gemeinde Campen erfolgten Besitzveränderungen, durch den dasigen Gerichtsscholzen Herrn E. Platschke.

Die Veranlassung nun, diese kleine Schrift öffentlich erscheinen zu lassen, lag zunächst in dem Bedürfnisse meines Herzens, Dir, liebe Kirchgemeinde, meinen freudigen Dank für die Bereitwilligkeit, mit welcher Du meine Bitte in Betreff des Thurmbaues in so überaus freundlicher und liebevoller Weise erfüllt hast, dadurch einigermaßen zu bezeugen und sodann auch in dem Wunsche sie als eine möglichst vollständige Urkunde für unsere Nachkommen dem Thurmknopfe zu übergeben. Möge die dort in ihrer glänzenden Umhüllung unter dem Fuße des darüber thronenden Kreuzes auch dann noch lange sicher vor Zerstörung wohlbewahrt bleiben für die zukünftigen Geschlechter unserer Gemeinde, wenn sich längst kein Blatt mehr davon in den Händen des gegenwärtigen befinden sollte.

Das gebe der gnadenreiche dreieinige Gott, welchem für Alles, was Er an uns und durch uns bisher gethan hat, allein gebührt Ehre, Lob, Preis und Anbetung von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!

Der Verfasser.

I. N. J.

I. Allgemeine geschichtliche Bemerkungen.

Nach einstimmiger Versicherung älterer, wie neuerer Geschichtsforscher waren die Urbewohner unsers Heimathslandes Schlesien deutsche Völkerschaften, von denen nur noch wenige Denkmaler in den schwachen fast verwischten Spuren der Stätten ihres Götzendienstes auf dem uns nahen Zobtenberge und in dem dahinterliegenden Riesengebirge, sowie in ihren an vielen Orten der Provinz aufgefundenen Grabstätten noch vorhanden sind und als deren Nachkommen wir wahrscheinlich die Mehrzahl der ältesten Bewohner unserer Gegend zu betrachten haben. Die genausten Untersuchungen haben ergeben, daß nach Ansicht der alten Römer, die das Land schon in dem 1ten Jahrhundert nach Christi Geburt kennen, die Gegend auf beiden Seiten der oberen Oder bis gegen die Weichsel hin von einer großen Völkerschaft, den Lygiern oder Lugiern bewohnt wurde, welche wieder in mehrere kleinere Völkerschaften zerfielen. Ein griechischer Geschichtsschreiber im 2. Jahrh. n. Chr. nennt als Bewohner unserer Gegend die Silinger oder Korkontier als lygische Stämme. Von den Ersteren scheint der Name der Schlesier herzukommen.

Nachdem die ersten Bewohner Schlesiens der großen Völkerwanderung im 4. und 5. Jahrh. Sich angeschlossen und in ihren bisherigen Wohnsitzen nur wenige Kranke und Schwache oder sonst Wanderungsungunlustige zurückgelassen hatten, rückten allmählich von der Gegend der Weichsel her in die verlassenen Gegenden Slaven als friedliche Einwanderer ein, vor denen sich aber anfänglich die zurückgebliebenen deutschen Stämme in unsere Gebirge zurückgezogen zu haben scheinen, später aber sich mit ihnen vermischten. Seit Karl dem Großen (9. Jahrh.) suchte man diese von den Deutschen verlassenen und mit Slaven wieder besetzte Länder bis über die Saale hinaus zum Christenthum zu bekehren sogar mit Hilfe des Schwertes. Damals gehörte Ober-, Mittel- und Niederschlesien auf der linken Oderseite zu dem großmährischen Reiche, welches von Karl d. Gr. angegriffen und zur Annahme des Christenthums gezwungen wurde. Es wurden auch christliche Missionäre in daß Land geschickt, die nicht ohne Erfolg gewirkt zu haben scheinen, da im Jahre 848 die 16 Magnaten Böhmen dessen Herzog ein Vasall des großmährischen Reichs war, mit ihrem Gefolge in Regensburg getauft wurden; es bleib jedoch das Heidenthum noch überall vorherrschend. — Erst im folgenden (10.) Jahrh., nachdem Mähren und Böhmen von den griechischen Mönchen, den Brüdern Cyrillus und Methodius zum Christenthum bekehrt waren, wurde dasselbe auch in Schlesien allgemein bekannt und verbreitet, denn bei Errichtung des Bisthums Prag (967) wurde von Schlesien wenigstens die Gegend zwischen Glogau und Breslau und weiter hinauf bis gegen Krakau zum prager Bisthumssprengel geschlagen. In der Stiftungsurkunde dieses Bisthums finden wir zuerst unter den dazu gehörenden Landschaften den Namen des Landes Zlavane und im Anfange des 11. Jahrh. nennt der Bischof Thietmar von Merseburg die Stadt Nimptsch (Nemzi) als im Schlesiergaue gelegen, welcher seinen Namen von einem sehr hohen Berge habe, der in der heidnischen Zeit in hohen Ehren gehalten worden, weil dort ein Tempel gestanden habe, welcher früher dem Dienste des Sonnengottes geweiht gewesen sei. Unter diesem Berge ist unstreitig der Zobtenberg gemeint, welcher bis in die Mitte des 14. Jahrh. auch der Berg Slenz oder Schlesienberg hieß und dessen Umwohner Slenzaner genannt wurden. Auch das Flüßchen Lohe, das bei Nimptsch entspringt und von dem ein Arm unsere Grünhartauer Feldmark gegen Süden begrenzt, hieß im Anfange des 13. Jahrh. die Slenza. Hier haben wir also das erste Vorkommen unseres Landes. Damals begriff der Name Schlesien nur einen Strich in der Mitte dieses Landes, nehmlich um den Zobtenberg und die Gegend bis an die Oder um Breslau, so daß unser Grünhartau als in das Slenza Gebiet gehörig so recht eigentlich in dem Herzen von Ur-Schlesien liegt.

1. Fortsetzung

Auf dem Zobtenberge erbaute an der Stelle des heidnischen Tempels Peter Wlast im J. 1108 oder 1110 ein Kloster, welches er mit Augustiner-Mönchen besetzte. Es wurde der Jungfrau Maria gewidmet und von dem Bischofe Peter von Breslau († 1111) eingeweiht. Noch bedeutender war Wlast's Stiftung und Begabung des Benediktinerklosters zum heil. Vincenz in Breslau, welches im Jahre 1139 gegründet wurde. Von Peter und mehreren Großen des Landes wurde dieses Kloster reich dotirt durch viele Schenkungen. So kamen schon gegen Ende des 12. Jahrh. außer vielen andern Schenkungen der Herzöge von Polen, namentlich Boleslaus II., an das Vincenzkloster auch die in unserer Nähe liegenden Dörfer Ottwitz, Stachau und Gurtsch und im J. 1206 wurde unter Herzog Heinrich I., dem Gemahl der heil. Kampen, früher Zaspi genannt, mit dem Zehnten für Hedwig, von einem Krakauer Bischof Fulco1) das Dorf Lorzendorf an dieses Kloster abgetreten, dessen Abt Nikolaus2) später 1349 für 100 Floren die herzoglichen Rechte über Kampen und Gurtsch (Gortsch) erwarb.

Während dieser und ähnlicher Stiftungen und Begabungen von Kirchen und Klöstern war Herzog Heinrich I. zugleich auch sehr bemüht, sein Land durch Herbeiziehung deutscher Kolonisten zu bevölkern und in Anbau zu bringen. Er hat dies sowohl selbst unmittelbar, als durch Privilegien, welche er den geistlichen Körperschaften und den Adeligen dazu ertheilte. Schon am Anfange des 13. Jahrh. wurden unter den ersten Ansiedlungen durch deutsche Kolonisten die von ihnen angelegten Dörfer des Vincenzstifts am Zobten, um Kanth und Neumarkt als Muster genannt. Offenbar hing auch die Aufnahme des Ritterordens in Schlesien eng mit der Germanisierung des Landes und mit der Berufung von Rittern aus Deutschland überhaupt zusammen. Sie erschienen im Lande zu gleicher Zeit, unstreitig aus Deutschland, denn es zeigt sich, daß sie den von ihnen zu deutschem Rechte angelegten Dörfern meist deutsche Namen gaben. So hatte Herzog Heinrich I. die Tempelherren ins Land gerufen und Ihnen Klein-Oels bei Ohlau verliehen, was sie jedenfalls schon 1227 besaßen. Mit Aufhebung des Templerordens kamen dessen Besitzungen im J. 1314 an die Johanniter, welche bereits zur Zeit des Bischofs Ziroslaus († 1110) Herren des Dorfes Groß-Tinz waren. Dieser Bischof weihte ihre dortige Kirche und verlieh ihnen den Zehnten in Tinz, sowie in noch 2 andern ihnen gehörigen Dörfern, unter welche letztere wahrscheinlich Roßwitz gehörte, welches noch bis in die neueste Zeit einen Bischofszehnten dorthin entrichtet hat. In Tinz saß dann auch ein Komthur dieses Ordens.

Zu einer andern Komthurei dieses Ordens Lossen im Ohlauschen, das sie schon 1207 besaßen, gehörten auch die von ihnen angelegten benachbarten Dörfer und aus unserer Parochie das Dorf Glosenau. Möglich ist es nun, daß die Gründung unseres Dorfes, wie der übrigen zu unserem Kirchspiel gehörenden Ortschaften Reisau und Manze dem Johanniterorden zu verdanken ist. Die zwei Steine, von denen der eine vor dem Eingang zur großen Kirchhalle, der andere an der Pforte des Pfarrhofes liegt, tragen ein Johanniterkreuz an sich und bezeugen, daß diese Ritter in den ältesten Zeiten hier einheimisch waren. Geschichtlich gewiß wenigstens ist es, daß sie in Karzen ihren festen Wohnsitz hatten und von da ihre Kolonisationen betrieben. — Soviel über die ältesten geschichtlichen Verhältnisse unserer Gegend und die muthmaßliche Gründung unsers Kirchortes und dessen zugehörigen Dörfer.

II. Gründung und geschichtliche Ereignisse
der Kirche zu Grün-Hartau.

Was nun insbesondere die Entstehung unserer Kirche anlangt, so soll mündlichen jedoch unverbürgten Nachrichten zufolge dieselbe in der Zeit, als Nimptsch unter daß Fürstenthum Brieg gehörte, von einem Herzoge desselben erbaut worden sein. Derselbe soll sich hier im 14 Jahrh. seine Kapelle erbaut haben, um auf seinen Reisen von Brieg nach Liegnitz und Wohlau, welche zu Zeiten unter ein und demselben Herzoge standen, seine Andacht hierselbst halten zu können. Und wenn man die eigenthümliche Bauart unserer Kirche mit der anderer Kirchen im Briegischen Herzogthum, auch in der Gegend von Liegnitz und in gerader Richtung von Brieg bis dorthin vergleicht, so ist allerdings eine auffallende Ähnlichkeit unter sehr vielen von ihnen nicht zu verkennen, daß wir daraus auf eine gleichzeitige Erbauung derselben durch einen weithin gebietenden Herren schließen können. Sichere Nachrichten jedoch, über das Jahr der Erbauung der hiesigen Pfarrkirche, welche aber ohne Zweifel schon mindestens ein Jahrhundert vor der Reformationszeit stand, fehlen ganz, da durch den 30jährigen Krieg alle älteren Urkunden, die über die früheste Geschichte der Kirche uns einigen Aufschluß geben konnte, verloren gegangen sind. —

Ein einziger Fingerzeig in das hohe Alterthum unserer Kirche zurück gab die große Glocke auf unserem Thurme, die im J. 1775 wegen eines erlittenen Sprunges umgegossen werden mußte. Auf dieser stand in alter Mönchsschrift die lateinische Inschrift: O rex gloriae, veni cum pace, avec Maria MCCCCLXXXIII (zu deutsch: O König der Herrlichkeit komme mit Frieden. Gegrüßest sei du Maria! 1483). Hieraus ersehen wir, daß unsere Kirche bereits in dem Geburtsjahre unseres großen Luthers stand und ursprünglich dem katholischen Cultus geweiht war. Welche Schicksale sie nun während der Zeit, als sie in katholischen Händen sich befand, erlitten, welche und wieviel Pfarrer dieser Confession an ihr gewirkt haben und wie der letzte römisch-katholische Priester geheißen, darüber schweigen alle älteren geschichtlichen Quellen. Nur soviel ist gewiß, daß wenige Jahre nach der zu Augsburg von Luther dem Kaiser und der ganzen Reichsversammlung übergebenen Confession, nehmlich im J. 1534, die bis dahin katholisch gewesene Kirche zu Grün-Hartau evangelisch geworden ist. Denn in diesem zuletzt genannten Jahre beschied der Herzog Friederich II. von Liegnitz, Brieg, Nimptsch, Strehlen und Ohlau am 15. 9. zu sich auf das Schloß zu Strehlen, um sie zu fragen, ob sie sich zur evangelischen Religion nach Maßgabe und bei den Ihrigen bleiben wollten? Nach achttägiger Frist, welche der Fürste ihnen als Bedenkzeit gestattete nahmen sie fast Alle3) das reine evangelische Bekenntniß an, dem sie schon vorher im Herzen längst geneigt gewesen waren und wurden vom Landesfürsten in ihren Pfarreien als lutherische Pastoren bestätiget. — Die damalige Grundherrschaft hierselbst von Niemitz trug das Ihrige hierzu redlich bei nach dem Wunsche und Wollen ihrer Unterthanen, daß das Evangelium auch hier sein reines und trostendes Licht immer heller leuchten ließ. Und der treue himmlische Herr erhielt in unserer Kirchgemeinde die reine Predigt seines Wortes und den rechten Gebrauch seiner heil. Sakramente ungestört von der Zeit der Reformation an durch alle folgenden Jahrhunderte hindurch, selbst in solchen trüben Zeiten, als andere evang. Gemeinden Schlesiens, auch in unserer Nachbarschaft, ihres evangelischen Cultus entweder gänzlich beraubt wurden, wie Groß-Lauden und Groß-Tinz4), oder eine Zeitlang, wie Karzen mit Pudigau, desselben entbehren mußten.

1) Stenzel Scriptores rer. siles. 1. p. 120 heißt der Fulco episcopus Cracoviensis dedit villam Campyn, alias Zaspi, cum decimis pro villa Laurencli cum decimis in districtu Cracoviensi videlicet Lorenzendorff — und an einer anderen Stelle heißt es:
2) Nicolaus, abbas monasteril sancti Vincentil augebat multum bona monasteril. Ilicetiam 1349 dedit centum florenos jura super ducalia in duabus villis, videlicet Campyn et Gortsch.
3) Fibizer: Schles. Lutherth. Thl. 2, K. 116 nennt nur einen im Nimptscher Kreise katholisch gebliebenen Pfarrer, "Kupferschmidt".
4) Die Kirche zu Tinz wurde den Evangelischen schon 1594 weggenommen, während Groß-Lauden dieses Schicksal erst nach dem dreißigjährigen Kriege erfuhr. 1643 war dort evang. Pastor Joachim Weigelt, von 1711 an Pastor in Rudelsdorf und scheint derselbe der letzte lutherische Geistliche an dieser wieder katholisch gewordenen Kirche gewesen zu sein. Sein Name kommt öfters in den hiesigen Kirchenbüchern vor.

2. Fortsetzung

In dieser Zeit, namentlich während der 2. Hälfte des traurigen 30jährigen Krieges bis zurn Anfange des vorigen Jahrh. wurde deshalb unsere Kirche, wie einst die Kirche zu Großburg, für tausende von gedrückten Protestanten aus der Nahe und Ferne eine erwünschte und vielbesuchte Zufluchtsstätte; ja als auch die letztgenannte Kirche das Schicksal der Kirchenberaubung durch die Katholischen mit 300 andern in Schlesien theilte und eine Zeitlang geschlossen war, fanden hier nach wie vor unsere bedrängten Glaubensgenossen ungestörte Befriegung ihrer geistlichen Bedurfnisse.1) Unsere Kirche blieb unangefochten, da sie weder unter kaiserlichen Patronats noch unter einem Kloster stand, sondern unter einem Privat-Patronate, welches in der damaligen Verfolgungsperiode zum Glück in den Händen der wackeren evangelischen Grundherrschaft von Niemitz lag. Nur das gastweis sich zur Grünhartauer Kirche haltende Dorf Campen, weil es unter das Vincenz-Kloster zu Breslau gehörte, wurde in seinen evangelischen Rechten beeinträchtigt, denn die evang. Eltern mußten ihre Kinder in der ebenfalls den Evangelischen entrissenen Kirche zu Lauden taufen und ihre Gestorbenen auf dem dortigen Kirchhofe beerdigen lassen. Auch Manze und Roßwitz wurden vom Kirchspiel losgerissen und mußte sich letzteres zur katholischen Kirche nach Tinz und ersteres nach Bohrau halten. Zwar ließen die Evangelischen aus diesen Dörfern ihre Kinder noch hier taufen, aber diese letzteren werden seit 1662 in den Kirchbuchern als "außerhalb des Kirchspiels geboren" betrachtet. Durch diese harte Maßregel wurde unsern evangelischen Vorfahren in diesen Ortschaften ein langjähriger bitterer Gewissenszwang auferlegt. Nachdem nun im Jahre 1704 der Karzner lutherischen Kirche ein katholischer Priester aufgedrungen wurde, hielten sich alle Evangelische 4 Jahr lang hierher und finden sich in dem hiesigen Taufbuche aus den Jahren 1701-1708 allein 53 Taufen aus Karzen, Brockuth, Pudigau, Tiefensee, Klein-Jeseritz und Grögersdorf eingetragen, sowie auch einige aus Karschau, welches ebenfalls 1705 seine Kirche hatte den Katholischen räumen müssen. Erst als in Folge der Altranstädtschen Convention 1707 diese geraubten Kirchen ihren Gemeinden zurückgegeben und ihnen die freie Uebung ihres evangelischen Glaubens landesherrlich gestattet war, schickten auch die Manzer und Roßwitzer ihre Kinder von 1707 an wieder hierher zur Taufe.2) Auch von Campen kehrten einige in diesem Jahre zurück, doch scheinen die Evangelischen dort ihre volle Religionsfreiheit erst 3 Jahre später wieder erhalten zu haben, denn im Jahre 1711 wurde die erste Leiche von dort auf unsern Gottesacker beerdigt.3) Von dieser Zeit an finden an ein Theil der Evangelischen aus Bohrau (von 1707 an), von Petrigau und Schönfeld (von 1708 an), sowie von Groß-Lauden (von 1709 an) sich nach Grünhartau zu halten. So umfaßte denn am Anfange des vorigen Jahrhunderts unser Kirchspiel folgende Ortschaften:

1. eingepfarrte: Grünhartau, Glofenau und Reisau.
2. Gastgemeinden: Manze, Roßwitz, Campen/Strehl. Kr.
3. Ortschaften, welche z. T. zu andern evangelischen Parochien gehörten: M. Bohrau, Petrigau, Schönfeld und Groß-Lauden mit Karolinen-Vorwerk.

Seit 1785 haben die Gemeinden Bohrau, Petrigau und Schönfeld mit noch andern Ortschaften ein eigenes Kirchensystem gegründet und sich eine evangelische Kirche zu Bohrau erbaut, während die Evangelischen aus Groß-Lauden sich noch bis 1833 zu unserer Kirche hielten, in diesem Jahre jedoch sich lostrennten und der Parochie Großburg sich zuschlagen ließen, so daß gegenwärtig nur noch die unter Nro. 1 und 2 genannten Ortschaften zum hiesigen Kirchspiel gehören.

III. Die äußeren Verhältnisse der Kirche zu Grün-Hartau

Nach einer alten Inschrift, welche sich auf einer an der Mittagsseite der außeren Kirchmauer eingesetzten steinernen Tafel befunden haben soll, ist im Jahre 1662 unser Kirchengebäude vollig renovirt und 10 Jahre später der Thurm mit einem Seiger versehen worden. Die Kanzel, den Altar, den Taufstein, sowie die herrschaftliche Loge ließ in den Jahren 1691-1692 der damalige Patron Herr Adam Graf von Gfug und Fellendorf zu Manze auf seine Kosten ganz neu erbauen und obschon er die Vollendung dieses mit frommen Herzen unternommenen Baues nicht erlebte, so führte doch seine ihm gleichgesinnte edle Gemalhlin denselben zu Ende, wie dies die Inschriften am Altar und der Loge bezeugen.4)

Als am Anfange des 18. Jahrh., wie bereits oben angegeben, die Evangelischen aus den benachbarten Gemeinden unser altes Gotteshaus besuchten, so wurde eine Erweiterung desselben dringend nöthig. Dieser Erweiterungsbau wurde im Jahre 1701 begonnen und im Jahre 1705 vollendet. Es wurde die nördliche Wand zwischen dem Presbyterium und dem Orgelchor weggerissen und ein ganz neuer Theil der alten Kirche angebaut. Zu diesem Anbau streckte der damalige Besitzer der Herrschaft Manze Herr Karl Christian Graf von Gfug das Geld der Gemeinde vor, welches ihm auch bald wieder zurückgezahlt wurde, da die Gemeinde sich außerordentlich vergrößerte, so daß auch 1725 das Pfarrhaus mit leichter Mühe von Grundaus erbaut werden konnte.

Seit jener Zeit wunden am Kirchgebäude nur kleinere Reparaturen vorgenommen und erst am Jahre 1852 trat die Notwendigkeit ein, das noch mit Schindeln gedeckte Dach des Anbaues zu beseitigen, das schadhafte Gesperr desselben zu erneuern und das Ganze mit Flachwerk zu decken. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die innere Decke der Kirche durch einen neuen mit einer zweiten Säule unterstützten Querbalken geschützt und das Innere des Gotteshauses renovirt, namentlich der Altar bei Aufstellung des Altargemaldes staffirt und das Epitaphium der gräfl. v. Gfug'schen Familie nebst den äußeren Verzierungen der gräflichen Loge aufgefrischt. Die Kosten für die Bedachung trug das Kirchen Aerar, die für die inneren Verschönerungen wurden durch freiwillige in der Gemeinde gesammelte Gaben gedeckt.

Was sich nun im Allgemeinen sonst noch Bemerkenswerthes in unserer Kirchgemeinde zugetragen und welche äußern Veränderungen in kirchlicher Beziehung in dem Laufe der letzten drei Jahrhunderte eingetreten sind, das sollen diese Geschichtsblätter noch weiter berichten.

An unserer Kirche waren seit der Reformationszeit ununterbrochen evangelische Geistliche wirksam, nur in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges war 5 Jahre lang von 1629-1634 dals Pfarramt umbesetzt. Es dürfte für die Glieder unserer Gemeinde nur gewiß wünschenswerth sein, die Namen aller der Seelsorger zu erfahren, welche seit 300 Jahren hier das Evangelium des Friedens getrieben und über so Manches aus der Zeit ihrer Amtswirksamkeit Aufschluß zu erhalten. Ich füge daher die Namen der Pfarrer, soweit ich sie aus den ältesten Kirchenbüchern oder aus andern sichern Quellen kennen gelernt habe, in ihrer Reihenfolge bei, indem ich bei jedem einzelnen derselben das für die Kirche und die Gemeinde Ereignisreichste und Wichtigste aus der Zeit ihrer geistlichen Wirksamkeit mitzutheilen mir erlaube.

1) Die Kirchenbücher, welche seit dem J. 1634 wieder vollständig vorhanden sind, weisen von diesem Jahre bis 1691 Brautpaare außer aus fast sämmtlichen uns nahe liegenden Dörfern anderer Parochien, wie Grögersdorf, Bischwitz, Klein-Bresa, Poppelwitz u. a. auch aus weit entlegenen Dörfern und Städten der Provinz auf, welche in hiesiger Kirche getraut wurden. So z. B. aus den Städten Reichenbach u. Breslau, Wansen, Neurode, Parchwitz, Münsterberg, Glatz, Poln.-Wartenberg, Stift Leubus, Bernstadt, Hotzenplotz, Habelschwerdt, Strehlen, Nimptsch, Gr.-Strehlitz, Kosel, Brieg, Pleschen, Oppeln, Lublinitz, Constadt, Grottkau, aus den Dörfern: Neudorf b. Breslau, Gabitz. Peisterwitz, Töppendorf, Wollwitz, Thauer, Gaumitz, Schweinbraten, Koberwitz, Mechwitz und Groß-Peiskerau, Rothsyrben, Keltschen, Siegroth, Tschammendorf, Senitz u. a., ja sogar aus Eisenberg in Böhmen, aus vielen Dörfern Oberschlesiens, aus den Jaurisch-, Oelsnisch- und Liegnitzschen Fürstenthumern, aus Mähren und sogar 7 Brautpaare aus Polen ohne nähere Angabe der Orte.
2) Die Bemerkung des damaligen Pfarrers Rincke im Taufbuche d. Jahres lautet bei dieser Veränderung: "Das ist nunmehr der erste Täufling (aus Manze) aus dem fremden römisch-katholischen Kirchspiel, der nach der dieses laufende Jahr indulgierten Religionsfreiheit zur Taufe am hiesigen Orte ist befördert worden. Gott sei Lob und Dank gesaget, der sich unserer in dem bisherigen Bedrängniß gnädig angenommen und helfe Alles zur Ehre seines heiligen Namens und zum wahren Heil der armen Seelen dießfalls einrichten und erhalten!"
3) Im betreffenden Begräbnisbuche steht folgende Bemerkung: "Am 8. Okt. 1711 wurde nach einer 44jährigen Unterbrechung die erste Leiche, nämlich die 18jährige Tochter des Bauer Kaspar Platschke auf hiesigem Kirchhofe wieder beerdigt.
4) An der Außenseite der gräflichen Loge befinden sich auf einer schildformigen Tafel die jedem Leser gewiß rätselhaft erscheinenden Buchstaben A B G G V E V B. Sie bilden die Anfangsbuchstaben des vollständigen Namens der Erbauerin, welcher, wie auf dem an der linken Seite des Altars errichtet werthvollen Marmordenkmale zu lesen ist, lautet: Anna Barbara Gfug geborne von Eben und Brunnen.

3. Fortsetzung

A. Die Pfarrer an der Kirche zu Grünhartau waren:
a., unter herzoglicher Regierung

1) Georg Friese. Derselbe war hier schon 1574 evangelischer Geistlicher — ob der erste, läßt sich nicht ermitteln —, da er in einer alten Urkunde aus dem Jahre 1574, die Heidersdörfer Concordienformel genannt, unter den darin unterzeichneten ehemaligen evang. Pfarrern des Nimptscher und Strehlener Weichbildes mit aufgeführt ist. Er starb 1586.

2) Martin Reichel aus Strehlen von 1586-1603. Ihm folgte

3) Magister Balthasar Rohrmann, geb. 1578 zu Breslau, studierte in Wittenberg, war Senior zu Breslau und wurde 1603 hierher berufen. Er bewährte sich als ein treuer Hirt seiner Heerde in der schweren Zeit des 30jährigen Krieges, dessen Grauel ihn zuletzt mit Gewalt im J. 1628 von hier vertrieben. Die Zeit seines Exils verlebte er auf bessere Zeiten hoffend in Breslau, doch kehrte er nicht wieder hierher zurück, da er 1632 einen Ruf als Pastor und Superintendent nach Militsch erhielt und annahm, wo er 1636 starb. Nach einer 5jährigen Vakanz trat

4) Friedrich Brückner 1634 unter den noch fortdauernden Kriegsdrangsalen in sein geistliches Amt hier. Er war aus Schweidnitz gebürtig, wurde von dem damaligen Patron Christoph v. Niemitz am 28. April d. g. J. vocirt und in Breslau ordinirt. Seine Gemeinde war bei seinem Antritt so klein, daß das von ihm wieder angelegte Kirchenbuch jährlich nicht mehr als 6-10 Taufen nachweist. 1648 wurde er von hier als Pastor nach Michelau, Kreis Brieg, berufen, wo er am 9. Mai 1653 starb.

5) Michael Friderici (auch Frietsch genannt) aus Habelschwerdt wurde am 3. Juli 1648 von Wolfram Dietrich von Niemitz auf Grünhartau und Pudigau berufen. Zu seiner Zeit ist 1668 die kleine Glocke auf den Thurm angeschafft worden, welche auch seinen Namen an sich trägt. Während seines Pastorats, das er bis zu seinem Tode 1669 verwaltete, begann die Kirchgemeinde sich zu mehren, noch mehr aber unter seinem Nachfolger

6) Johann Rhodner, geb. 1630 zu Breslau. Er fungierte noch 6 Jahre, nämlich von 1669-1675 unter der herzoglichen Regierung und als im letztgenannten Jahre Schlesien an die Krone Böhmens fiel

b., unter der böhmischen Regierung

22 Jahr lang von 1675-1697, wo er 67 Jahr alt starb und eine sehr zahlreiche Familie hinterließ. Er war ein treuer und eifriger Bekenner des lutherischen Glaubens und hatte als solcher einen weit über die Grenzen des Vaterlandes hinausreichenden Ruf, weshalb er in der Zeit der Verfolgung der evang. Kirche durch die Böhmischen große Schaaren bedrängter Glaubensgenossen zu diesem strenggläubigen und unerschrockenen Verkünder des alleinseligmachenden Worts der ewigen Wahrheit aus weiter Ferne eilten, um aus seinem Munde das lautere Wort Gottes zu hören und aus seiner Hand das unverfälschte reine Sakrament zu empfangen. Sein Nachfolger war

7) Heinrich Rincke aus Brieg von 1697-1728. Zu seiner Zeit wurde die Kirche erweitert, das ehemalige Wiedmuthshäuschen im Pfarrhofe (in den Jahren 1708 und 1709) aus dem Kirchen-Aerar, sowie 1724 das Pfarrhaus neu erbaut, wozu die damalige Lehnsherrschaft Frau Eleonore Charlotte verw. Gräfin v. Gfug einen ansehnlichen Beitrag gab. Nach dessen am 7. September 1728 erfolgten Tode wirkte, mithin vor ca. 100 Jahren, als Pfarrer hierselbst

8) Gottlieb Kusche vom 27. Sept. 1729 bis 1741 unter böhmischer Regierung und seit letzterem Jahre

c., unter Königl. Preuß. Landesregierung

noch 20 Jahre bis zum 28. Sept. 1761. Derselbe war zu Steinau 1696 geboren, studirte in Breslau und 1718 zu Jena. Als Candidat war er mehrere Jahre an verschiedenen Orten Hauslehrer, zuletzt im Schloß Manze, von wo er durch die verw. Gräfin v. Gfug hierher als Seelsorger herufen und am 7. Oktober 1728 in Brieg die Ordination empfing. In einer von seiner Hand in einem Kirchenbuche aus jener Zeit gemachten Bemerkung heißt es: "Im J. 1740 in der Nacht vom 15. zum 16. Juli wurde die hiesige Kirche gewaltsam erbrochen, der Gotteskasten hei der großen Halle seines Inhalts beraubt und auch das Schloß an der Sakristei beschädigt, ohne daß es jedoch den Dieben gelang, dasselbe zu öffnen." Jenes Jahr war auch in einer andern Beziehung verhängnißvoll für die Kirche. Vier Wochen nach jenem räuberischen Einbruch drohte derselben ein noch größerer Schaden. Es traf nämlich am 15. August Mittags zwischen 11 und 12 Uhr den Kirchthurm ein Blitzstrahl, welcher jedoch durch die Barmherzigkeit des Herrn nicht zündete und weiter keinen Schaden, als eine kleine Oeffnung am Ziegeldache sowie einige Beschädigung an der Seigerstange verursachte. Pfarrer Kusche hat wahrscheinlich die kleine Fahne, welche auf dem alten Thurme stand, angeschafft. Es befinden sich auf ihr die Buchstaben G L K mit der Jahreszahl 1735. Er starb als Vater von 12 Kindern. Ihm folgte

9) Johann Christoph Falck, geb. d. 18. März 1727 zu Gudnick in Preußen, Sohn des dasigen Dorfschmiedes und Kirchvaters, studirte in Königsberg und trat 1762 in das hiesige Pfarramt, welches er nur 11 Jahre bis zum Februar 1773 verwaltete. Er hielt am Sonntage Septuagesima hier seine Abschiedspredigt, welche auch gedrückt wurde und von der dem Schreiber dieser Blätter vor Jahren noch ein Exemplar zu Händen kam. Er folgte einem an ihn ergangenen Rufe als Pastor nach Rudelsdorf, wo er den 30. Dezember 1803 gestorben ist.

10) Christian Friedrich Paulli (1774-78) war geboren zu Kuhnewalde bei Bautzen in der sächs. Oberlausitz, besuchte das Lyceum zu Loben und das Gymnasium zu Görlitz und studirte von 1763 an zu Jena Theologie. Wegen seines Fleißes und seiner Gelehrsamkeit wurde er 1765 zu einem ordentlichen Mitglied der herzoglichen lateinischen Gesellschaft in Jena aufgenommen. Darauf bezog er die Universität Leipzig und widmete sich während seiner Candidatenjahre ausschließlich dem Lehrfach. Nachdem er mehrere Jahre als Lehrer theils in einzelnen Familien, theils in größeren Anstalten, zuletzt im Waisenhause zu Bunzlau gewirkt hatte, wurde er von Sr. Exzellenz dem Grafen von Sandreczky-Sandraschütz, Erblandmarschall von Schlesien in das hiesige Pastorat berufen, welches er jedoch nur 4 Jahre bekleidete da er 1778 die Pfarrstelle zu Schnellwalde in Oberschlesien annahm, wo er gestorben ist. 1775 zersprang die fast dreihundert Jahre alte Glocke und mußte umgegossen werden.

11) Daniel Gottlob Muller von 1778-1792, war zu Glogau 1754 geboren, studirte 1774 in Halle und wurde im Juli 1778 hier Pfarrer. Als solcher wirkte er in Grünhartau 14 Jahre und wurde von dem Grafen v. Sandreczky von hier nach Jordansmühl berufen, wo er im J. 1806 starb. Im Jahre 1782 zersprang die unter seinem Amtsvorgänger 7 Jahre zuvor erst gegossene große Glocke beim Ausläuten der Königin von Schweden und wurde im Monat April des folgenden Jahres aufs Neue umgegossen mit einem Kostenaufwand von 124 Thlr. auf den Thurm gebracht. Auch wurde das Schul- und Küsterhaus 1778 von Grund aus erbaut.

12) Samuel Dirlam, geboren zu Brieg am 5. April 1750, wurde von Manze, wo er in der gräfl. v. Sandreczky'schen Familie Hauslehrer war, 1792 als Pfarrer hierher berufen. Er war ein treuer Diener des Herrn, dessen sich die Alten unserer Kirchgemeinde noch lebhaft zu erinnern wissen. Er hat mit der Gemeinde die schweren Drangsale des Krieges zweimal durchlebt und mußte persönlich manches Harte von der Rohheit der Feinde erfahren. Seine Kränklichkeit und körperlichen Gebrechen hinderten ihn in den letzten Jahren seines Lebens oft an der Ausübung seines heiligen Amtes. Er starb unverheiratet am 19. November 1819.l)

1) Auf seinem Leichensteine ist irrthümlich als Todestag der 21. November 1819 angegeben, da laut Kirchenbuch dieses Datum sein Begräbnistag ist.

4. Fortsetzung

13) Karl Benjamin Müller, geb. zu Breslau 1781, studierte 1799 zu Halle, ward nach vollendeter Studienzeit Hauslehrer beim Grafen v. Burghaus auf Friedland in Ober-Schlesien. Von da kam er 1806 als Feldprediger nach Ohlau, 1810 wurde er Pfarrer in Markt Bohrau, wo er 11 Jahre lang wirkte. Auf dieser Stelle wurde er vom Grafen v. Sandreczky, als gleichzeitigem Patrone der Bohrauer und der hiesigen Kirche an die letzte berufen; jedoch fand diese Berufung einen heftigen Wiederstand seitens der Gemeinde, welche daß erledigte Pastorat mit einem geborenen Grünhartauer, dem damaligen Pfarr-Vickar Radeck (der gegenwärtig als General-Superintendent der Grafschaft Wernigerode in großem Segen wirkt), besetzt zu sehen wünschte. Der Patron setzte aber auf Grund des ihm zustehenden Berufungsrechtes die Einsetzung des Pastor Müller durch und wurde derselbe im J. 1821 hier installiert. Durch stete Amtstreue und persönliche Liebenswürdigkeit, die ihm im Umgang mit seinen Kirchkindern eigen war, gewann er sich in kurzer Zeit die ungetheilte Liebe und Achtung der Gemeinde so daß diese seinen schon nach 3 Jahren erfolgten Tod1) aufrichtig bedauerte. Er hinterließ eine Witwe mit vier Kindern. Ihm folgte

14) Gustav Friedrich Wilhelm Suckow, geb. 1799 zu Münsterberg, Sohn des Pfarrers Suckow zu Langenöls, ward gebildet auf dem Elisabeth-Gymnasium zu Breslau und studirte von 1817-20 an der Universität daselbst. Er erwarb sich durch seine literarische Thätigkeit den Titel eines Doctors der Philosophie. Im J. 1825 wurde er von dem Patrocinium, welches durch den Ankauf des hiesigen Dominial in die Hände des größten Theils der Grünhartauer Rustikal-Gemeinde übergegangen war und durch drei aus ihrer Mitte gewählte Bevollmächtigte repräsentirt wurde, als Pfarrer hierher berufen. Mit treuem Herzen und großem Eifer wirkte er in seinen Berufe und predigte frei von jeder Menschengefälligkeit zur Zeit und zur Unzeit das Wort Gottes, welches er fleißig und tief erforscht hatte. Als warmer und entschiedener Freund der Union v. J. 1817 kämpfte er muthig und unablässig für die Durchführung dieses Gedankens in Wort und Schrift, wobei er eine große Gelehrsamkeit bekundete, ohne jedoch diesen Lieblingswunsch in Erfüllung gehen zu sehen. Freiwillig legte er im Jahre 1849 nach einer 24jährigen treuen und gewissenhaften Amtsführung, nachdem er in mancher Beziehung die Bitterkeit des Revolutionsjahres 1848 erfahren hatte, sein Pfarramt nieder und begab sich mit seiner zahlreichen Famille nach Breslau, woselbst er gegenwärtig als Privatdocent an der philosophischen Fakultat der dortigen Universität wirkt. Zu seiner Zeit ist in den Jahren 1842 bis 1845 der obere Stock des Pfarrhauses massiv gebaut und dasselbe mit Flachwerk gedeckt worden. Als Nachfolger desselben wurde der Verfasser dieser Denkschrift

15) Otto Robert Hertwig (geb. 1821 zu Nieda in der Preuß. Ober-Lausitz, Sohn des dasigem Cantors und Schullehrers, gebildet auf dem Gymnasium zu Görlitz von 1835-1841, studirte auf der Universität Breslau von 1841-1845, von 1847 an Hauslehrer in Schloß Manze) am 21. April 1849 designiert, den 8. August des selben J. zu Breslau ordinirt und am 12. August Dom. XII p. Trinit. von dem damaligen Kgl. Superintendenten Pfarrer Bock zu Nimptsch feierlichst in sein durch des Herrn Gnade ihm anvertraute Hirtenamt eingeführt. Möchte es mir nun unter Seinem gnadenreichen Beistande gelingen, dasselbe, so lange es Seinem Rathe gefällt, mich hier leben zu lassern, zu Seines Reiches Vermehrung und zum Heile meiner Heerde in rechter Hirtentreue zu führen, auf daß ich getrost und mit Freuden meinen Hirtenstab in Seine Hand niederlegen und dermaleinst vor Ihm als ein wenn auch nur über Wenigem getreuer Knecht Christi erfunden werden könne! —

Während meiner nun 9jährigen Amtsführung hat der Herr mir manche trübe und zum Theil herverwundende Erfahrungen, aber auch viele herzstärkende und freudige machen lassen. Indem ich von jenen gern schweige, da sie ja ohnehin Allen bekannt sind und die Nachkommen sie in der von mir angelegten Chronik der Kirche im Pfarrarchiv finden können, wende ich mich am liebsten zu den letzten. Freudig und zum Preise gegen Gott erhebt mich die Überzeugung, die ich bei einem tieferen Blick in meine Gemeinde gewonnen habe, daß in dieser im Allgemeinen kirchliche Sitte und religiöses Leben herrscht. Unsere gottesdienstlichen Versammlungen werden meist zahlreich besucht, obgleich es leider auch nicht an einigen gänzlich Unkirchlichen und Gotterverächtern fehlt; es lebt im Ganzen noch der alte, gesunde, kernige Väterglaube in den Herzen, der seine Freude an der einfältigen Verkündigung des geoffenbarten Wortes Gottes nach dem Bekenntniß unserer thuren lutherischen Kirche hat und keine Keime zu religisiösen Spaltungen und Sektiererei in sich aufkommen läßt. Dies hat die Gemeinde auch dadurch thatsächlich bezeugt, daß sie bei der im Jahre 1851 erfolgten Einführung der Gemeinde-Kirchen-Ordnung sich laut ihrer Lokalstatuten von Neuem und ohne Widerstreben als eine evang. lutherische Gemeinde öffentlich erklärt und durch Erwählung des Gemeinde-Kirchenrathes sich selbst ein Organ geschaffen hat, durch welches das kirchliche Leben in ihren Gliedern mehr und mehr geweckt und gefördert, christliche Zucht und Sitte gepflegt und aufrecht erhalten werden; soll. Möge der Geist Jesu immer tiefer und reiner alle Seelen erfüllen und Alles, was mit dem Worte Seiner ewigen Wahrheit nicht in Einklang steht, aus unserer Gemeinde verbannen, damit sie je länger je mehr sich darstelle als eine Gemeinde, die da sei unsträflich, heilig und unbefleckt, auf daß der Segen des Herrn auf ihr ruhe und ein Geschlecht in ihr aufblühe, das diesen Segen auf die kommende Zeiten forterbe. Eine segensreiche Aufmunterung dazu wurde ihr durch die am 25. September 1852 hier stattgefundene außordentliche Allgemeine Kirchen-Visitation zu Theil, deren erhabene Feier einen tiefen und nachhaltigen Eindruck auf die Herzen hervorgebracht hat.

Zu den erfreulichen Erfahrungen in der Gemeinde zähle ich auch ferner das allmähliche Erwachen der Liebe, die sich in vielen ihrer Glieder zu unserem Kirchengebäude und seinen heiligen Stätten darin kundgegeben hat, daß sie sich willig finden ließen, auch manche Gaben dem Gotteshause zuwenden und zur Verschönerung seines Innern vielfach beizutragen. So hat unsere Kirche in den letzten 9 Jahren außer dem schönen Altargemälde im Werthe von 400 rtl., welches der Königlich Sächs. Münzmeister Dr. Kummer aus Dresden im J. 1851 schenkte, nicht nur viele kleinere Geschenke erhalten (z.B. an Kerzen, Altar- und Kanzelbekleidungen, die zum Theil höchst werthvoll waren), sondern auch größere und bleibendere.

Im Jahre 1853 schenkte der emirirte nun im Herrn selig entschlafene Schafmeister der Herrschaft Manze, Danke, einen neuen Beichtstuhl, und ein früheres Kirchkind aus Campen, die verw. Frau Bauergutsbesitzerin Plätschke, gegenwärtig Hausbesitzerin in Strehlen, auf den Altar ein Crucifix nebst 4 Kerzenleuchtern von Gußeisen mit der Bestimmung, sie in der heil. Passionszeit in Gebrauch zu nehmen. Im J. 1854 Meß die verw. Frau Erbscholtiseibes. Plätschke bei Gelegenheit der Hochzeit ihrer einzigen Tochter den Mittelgang der Kirche mit Marmorquadern pflastern, während die Marmorplatten um den Taufstein und den Altar herum aus den alljährlich zu diesen Behufe gesammelten Beiträgen der Confirmanden nach und nach geschafft worden sind. Auch werden von der letzt genannten Wohlthäterin zwei neue Brautsessel der Kirche verehrt. Im J. 1856 schenkte der ehemalige Bauergutsbesitzer, jetzt Auszügler Christoph Hanke von hier, welcher seit einer Reihe von Jahren dem Gotteshause schon so manche Gabe der Liebe zugewendet hatte — unter andern mehrmals Kerzen, Altar- und Leichentücher, Blumenvasen, Klingelbeutel und den gläsernen Kronleuchter —, einen neuen Taufstein mit Marmorbecken, welcher am 21. Sonntage nach Trinitatis zu seinem heil. Gebrauche eingeweiht wurde. Vom Scholz Rudolph sen. hier wurden zur besseren Beleuchtung der Kirche bei dem Abendgottesdienste am Jahresschluß zwei neue messinge Leuchter geschafft und dieselben an jedem Jahre mit den nöthigen Lichtern versorgt.

1) Als Ursache seines Todes wird eine Erkältung angegeben welche er sich bei dem im J. 1824 unser Dorf heimsuchenden Brandunglücke, das binnen wenig Stunden die hiesige Scholtisei, den Kretscham und zum Theil 4 Bauernhöfe nebst einer Freistelle in Asche legte, zugezogen hatte.

5. Fortsetzung

Diese Liebe zu unserem alten ehrwürdigen, durch soviel Jahrhunderte von des Herrn Gnade treulich bewahrten Tempel offenbarte sich aber ganz besonders in dem gemeinsamen Beschlüsse der gesammten Kirchgemeinde, unserem niedrigen baufälligen Thurme, dessen Dachgespäre dem Einstürz nahe war und deshalb gebaut werden mußte, anstatt letzteres in der alten rund unscheinbaren Form blos zu erneuern, eine wirkliche Spitze aufbauen und dieselbe mit Knopf und Kreuz bekronen zu lassen. Daß Kirchen-Patrocinium, welches diesen Plan mit dem Gemeinde-Kirchenrath in reifliche Erwägung gezogen hatte, genehmigte einen ansehnlichen Beitrag aus dem Kirchen-Aerar und erklärte sich seinerseits mit den übrigen Vertretern der Gemeinde bereit, die erförderlichen Geldopfer zur Ausführung dieses Baues bringen zu wollen. Dies geschah auch aus der Grunde um so freudiger, da durch einen freiwilligen höheren Beitrag des Herrn Grafen v. Stosch auf Manze von 100 Thlr., sowie durch eine reiche Sammlung der Gastgemeinde Campen Behufs Anschaffung, des Knopfes und Kreuzes im Betrage von 130 Thlr. mit Einschluß der Beihilfe aus am Kirchenvermögen die sämmtlichen auf 800 Thlr. veranschlagten Baukosten bis zur Hälfte gedeckt waren.— Es wurde, nachdem die nöthigen Contracte mit den einzelnen Baumeistern abgeschlossen waren, mit dem Abbrüche des Thurmdaches und der Giebelmauern bis zu den Schalllöchern, welche erweitert werden mußten, am Mittwoch nach Pfingsten begonnen und war das darauf aus Ziegeln neu errichtete, die frühere Thurmhöhe nur um 4 Fuß übersteigende Mauerwerk am 17. Juni beendet, das Holzwerk der Spitze bis zur Verschalung mit Brettern wurde vom 22. dess. Mts. bis zum 14. Juli aufgesetzt und die Bedachung mit Schiefer begonnen. Der ganze Bau erreichte unter dem Schirm und hilfreichen Beistande Gottes, der unsere Gebete erhört und jeglichen Unfall in Gnade abgewendet hat, im Monat August seine Vollendung, so daß der Thurm am heutigen Tage mit dem Knopfe und Kreuz geschmückt werden konnte.

So steht denn dieses Werk eines jahrelangen Sehnens und Wünschens vor unsern Augen da, als eine weithin leuchtende Zierde unsers lieben Gotteshauses und unsers Kirchortes, als ein Denkmal christlicher Liebe und einträchtlichen Wirkens, als ein schönes Vermächtnis des gegenwärtigen Geschlechts an seine Nachkommen, welche dasselbe mit dankbarer Erinnerung an die dafür gebrachten Opfer ihrer Väter allzeit in Ehren halten mögen. Der treuen Obhut und dem ferneren Schütze des Herrn empfehlen und befehlen wir nun getrost und zuversichtlich unsere Kirche mit ihrem Thurme. Er halte wie bisher sein Vaterauge offen über unsern Tempel mit seiner Zinne, die als ein Finger nach Osten zeigt, da wo sein Thron steht und unsre Heimath ist. Er lasse seine Stürme und Wetterwolken gnädig darüber hinwegziehen und schütze es vor Blitzstrahl und Feuersgluth. Er erwecke durch das Kreuz, welches als das Zeichen unserer Erlösung durch Christi Blut über dem Knopfe, dem Bilde der Weltkugel, thront und nach allen Himmelsgegenden hinausschaut, in allen Seelen, die es schauen, immer lebendiger und fester den Glauben, daß wir allein unter diesem Zeichen hier streiten können und nur in ihm siegen werden, bis er uns dermaleinst in seine triumphirende Kirche einführt ! — Das walte Gott Vater, Sohn und heiliger Geist. Amen!

B. Die Patrone der Kirche zu Grünhartau.

Was das Patronat über die hiesige Kirche und Schule anlangt, so ist dasselbe seit der Reformationszeit ununterbrochen in evangel. Händen gewesen, obschon die Inhaber desselben wegen des öfteren Verkaufes das hiesigen Rittergutes, dem das unbedingte Patronatsrecht zusteht, oft gewechselt haben. — Als die älteste Grundherrschaft in Grünhartau wird die Familie von Niemitz. (Nimptsch) genannt. Sie hatte schon im 13. Jahrh. Besitzungen im Nimptscher Kreise und war vielleicht die allererste, die sich hier ansässig machte. Sie hat sich, wie schon erwähnt, um die Einführung der Reformation in unserer Gemeinde hoch verdient gemacht. In dieser alten adeligen Familie ist das Gut bis in die Mitte des 17. Jahrh. sich von Generation zu Generation forterbend geblieben. 1634 wird als Patron Christoph von Niemitz und 1648 Wolf Dietrich von Niemitz auf Grünhartau und Pudigau in einer alten Vokation genannt. Aus dieser Familie ging das Patronat an folgende Besitzer das Dominii über:

1) Herr Johann Koch (auch Hesse genannt), Kaiserl. Ungarischer Rittmeister von 1656-1670, heirathete die verw. Lehnsfrau Susanna Barbara v. Niemitz geb. v. Gafron.

2) Herr Adam v. Gfug und Fellendorf auf Manze, Grün- und Dürr-Hartau, Glosenaul), Petrigau und Bohrau, † 1690

3) Herr Karl Christian Graf v. Gfug und Fellendorf, † 1721. Derselbe legte nach einer in dem Thurmknopfe des Manzer Schlosses befindlicher Urkunde am 26. März 1710 den Grund zu diesem Prachtgebäude. Es wurde der Bau im J. 1711 vollendet und dein 1. Dezbr. dess. J. Der Knopf dem Schloß-Thurme aufgesetzt.

4) Des vorigen hinterlassene Wittwe, Frau Eleonore Charlotte, geb. Reichsgräfin von Hochberg-Fürstenstein bis 1739. Diese edle, fromme Frau hat ihrem Namen ein bleibenderes Denkmal als daß in Marmor in unsere Gemeinde gesetzt, indem sie nicht nur zu größeren Baulichkeiten an dem kirchlichen Gebäude namhafte Geldopfer gebracht, sondern namentlich ein bedeutendes Schularmen-Legat im Betrage von 2000 Floren Rheinisch gestiftet hat, aus dessen jährlichen Zinsen den Lehrern unserer Schule, wie vielen armen Schulkindern und deren Eltern ansehnliche Unterstützungen zu Theil werden können. Die Stiftungsurkunde ist vom 1. Januar 1739 aufgestellt. Ihr Andenken wird allzeit in der Gemeinde gesegnet bleiben. Fromm und gottesfürchtig wie ihr dem Herrn geweihtes Leben gewesen war, so war auch ihr Tod. Derselbe ereilte sie am 26. September 1739, an welchem Tage sie in der Kirche zu Töppliwoda das heilige Abendmahl feiern wollte. Nach erhaltener Absolution am Beichtstuhl wurde sie vom Schlage getroffen und starb in den Händen ihres Seelsorgers in dessen Pfarrhause Abends halb neun Uhr sanft und selig im Herrn, der sie schnell au seinem ewigen Hochzeitsmahl im Reiche der Herrlichkeit berief.— Ihr entseelter Leichnam wurde am 29. September in hiesiger Familiengruft bestattet. Ihr folgte im Besitz der Herrschaft Manze der älteste Enkelsohn einer Schwester ihres verstorbenben Gemahls.

5) Herr Friedrich Wilhelm v. Posadowsky, Freiherr v. Postelwitz. Er wurde 1742 von König Friedrich dem Großen in den Grafenstand erhoben und zum Königlichen Hofmarschall ernannt. Ihm folgte ein naher Verwandter im Jahre 1758,

6) Herr Hans Ferdinand Graf v. Sandreczky-Sandraschütz Excellenz, Ritter des schwarzen Adlerordens, Erblandmarschall von Schlesien u.s.w.2), Erbherr auf Langenbielau sc. Derselbe kaufte zur Herrschaft Manze außer andern Gütern auch das Dom. Reisau3). Dessen zweiter Sohn

7) Herr Hans Karl Gottlieb Graf v. Sandreczky, Domherr zu Halberstadt und später General-Landschafts-Direktor, 1775, welcher die Herrschaft Manze zum Majorat erhob und dasselbe noch durch den Ankauf von Roßwitz4) vergrößerte. Er starb 1803 kinderlos. Sein Leichnam ruht in der von ihm auf dem Manzer Weinberge erbauten Gruft. Nach seinem Tode ging das Majorat über an seinen älteren Bruder

8) Herrn Friedrich Wilhelm Ferdinand Gottlob Graf von. Sandreczky, welcher jedoch schon 1805 starb. Ihm folgte sein Sohn

9) Herr Ferdinand Karl Gottlieb Graf v. Sandreczky welcher 1818 unvermählt und ohne Erben starb. Das Majorat wurde nun, da die Majoratsnachfolge unter den Brüdern des Verstorbenen zweifelhaft war durch Familienschluß vom J. 1819 allodificirt, um anderweitig verkauft werden zu können.

l) Bevor Herr Adam von Gfug die Herrschaft Manze sich erwarb, nennen die Kirchenbücher als frühere Besitzer des Gutes Glosenau: 1) Rittmeister Alexander Tusche 1650 und 2) Emanuel Tilesius (Tielisch) † 1666.
2) Ihre Excellenz die Frau Charlotte Eleonore Gräfin v. Sandreczky, geb. von Heugel, stiftete im J. 1773 ein Legat von 100 rtl. für Hausarme, von dessen jährlichen Zinsen christliche Arme, welche zur Manzer Herrschaft gehören, kleine Unterstützungen erhalten. Auch erhielt im J. 1779 die Kirche nach dem Tode dieser edlen Gräfin nach einem Vermächtnis das noch jetzt an hohen Festtagen gebrauchte werthvolle Altartuch von weißern Atlas, nebst dem dazu gehörigen mit beiden Wappen gestickten Mitteltuche.
3) Frühere Besitzer von Reisau waren: 1) Oberst-Lieutenant Christian Bregorius, genannt Kleindienst 1650; 2) Helene Juliane Dewaslin, geb. Gfug, † 1671; 3) Herr von Goldfus 1700.
4) Als Besitzer von Roßwitz, ehe es der Herrschaft Manze einverleibt wurde, werden genannt:
 . . . 1. Hans Heinrich v. Gfug † 1658; 
 . . . 2. Joachim Siegmund v. Gfug, † 1659; 
 . . . 3. Herr von Kottelinsky 1660; 
 . . . 4. Herr Johann Ernst Siegesmund von Schickfus 1767. Gegenw. ist Mitbes. von Roßwitz der Königliche Lieut. Georg Graf Stosch, 2. Sohn des Grafen Stosch auf Manze.

6. Fortsetzung

Das Patronatsrecht übte jedoch über unsere Kirche von 1818 Herr Erdmann Karl Gottlob Graf v. Sandreczky, Majoratsherr auf Langenbielau noch bis 1821 aus, in welchem Jahre das Rittergut Grünhartau von der Rustikalgemeinde erkauft und dismembrirt wurde, während Schloß und Gut Manze mit Reisau, Glosenau, Roßwitz und Dürr-hartau durch Kauf an den Herrn Landschafts-Direktor Georg Graf v. Stosch, Ritter des rothen Adlerordens 3. Klasse und des Johanniterordens im J. 1822 überging.

Seit dieser Zeit wurde das hiesige Patronat durch 3 aus der Zahl der Dominial, Antheilbesitzer gewählte Bevollmächigte verwaltet. Diese waren:

a) vom Jahre 1821 bis 1841

1) Bauerguts- und Dom.-Anbh.-Bes. Gottlieb Kiehnel,
2) desgl. Gottfried Herbig,
3) Freistellen- und Dom.-Anth.-Bes. Gottlieb Hahn;

b) vom Jahre 1841 bis 1856

1) Dominial-Gutsbesitzer Siegemund Rudolph,
2) Bauerguts- und Dom.-Anth.-Bes. Karl Winkler,
3) desgl. Karl Heckert;

c) vom Jahre 1856 bis jetzt

1) Guts- und Dom.-Anth.-Bes. Karl Plätschke,
2) desgl. Friedrich Kiehnel
3) desgl. Karl Kiehnel.

Die gegenwärtigen Dominial Repräsentanten sind: Der Bauerguts- und Dom.-Anth.-Bes. Ernst Herbig und der Dom.-Freistellenbesitzer Karl Krautwald.

C. Als Organisten und Lehrer haben
I. an hiesiger Kirche und Schule gewirkt:

1) Mathias Blasien † 1649, 2) Balthasar Bunzler † 16--, 3) Job Preuß 1660, 4) Martin Lindner † 16--, 5) Martin Rößner † 1680, 6) Christoph Thiel von 1680-1697, 7) George Peschel von 1697-1712, interimistisch Christoph Richter von 1703-1704, 8) Johann Thiel 1712-1723, 9) George Hauschild von 1723-1744,10) Gottfried Jäschke von 1744-1785, 11) Johann Friedrich Jäschke, des Vorigen Sohn, von 1785-1834, ein treuer Lehrer und vielfach bewährter Freund der Gemeinde, dessen Andenken noch heut von allen seiner vielen noch lebenden Schülern und nahen Anverwandten gesegnet wird; 12) Ernst Gottlieb Schubert von 1835 bis jetzt Lehrer der hiesigen Schule, bis 1856 auch Organist an der Kirche. Seit 18156 verwaltete das Organistenamt hierselbst interimistisch a) der Adjuvant August Rickel bis Ende 1857; gegenwärtig b) ist der Adjuvant Julius Jäschke seit dem 1. Januar d. J.

II. Lehrer an der Filialschule zu Manze

Bis zum Jahre 1836 wurde die Schule zu Manze durch Hilfslehrer von Grünhartau aus mit versorgt. In letzterem Jahre gründete jedoch daselbst Herr Graf v. Stosch als Patron derselben ein eigenes Schulsystem, indem er der Gemeinde ein Haus, welches sich zur Lehrer-Wohnung und zum Schullokale eignete kostenfrei überließ. Als selbständige Lehrer fungirten seit dem 15. Februar 1836 dort: 1) Samuel Vertraugott Raupach, ein Mann voll heiligen Eifer für seinen Beruf und reich begabt mit Kenntnissen für sein Amt, dessen Pflichten er sich mit christlich gläubigem Herzen und aufopfernder Treue bis zu seinem Tode 1856 hingab. Sein Nachfolger heißt: 2) Rudolph Holder, s. Ostern 1857.

D. Kirchväter seit 1634

1) Balthasar Hayne 1638, 2) Joh. Jockisch † 1661, 3) Bauer Paul Koch († 1682) bis 1670, 4) Matthes Koch des Vor. Sohn von 1670 bis († 1897), 5) Bauer Christoph Mende 1656, 6) Bauer Hans Gregor † 1699, 7) Christoph Helwig † 1671, 8) Bauer George Krecker von 1697-1715 (†), 9) Bauer George Devensee (Tiefensee) von 1717-1747 10) Bauer Martin Hampel 1731, 11) Freissaß Kaspar Riedel † 1737, 12) Hans Friedrich Miethmann † 1764, 13) Bauer, Gottfried Kresse † 1789, 14) Bauer Joh. Heinr. Gottlieb Conrad † 1799, 15) Joh. Christoph Beer † 1825, 16) Kretschmer Joh. Jacob Radeck 1819, 17) Müller Karl Christ. Daniel Dittrich † 1829, 18) Bauer Joh. Christian Deus † 1829, 19) Ernst Siegmund Böhme, Achtelhüfner, † 1830, 20) Joh. Gottl. Herrmann Sechstelhüfner, † 1837, 21) Friedrich Heinrich seit 1830 und 22) Karl Evler seit 1837. Diese bilden mit den im J. 1851 erwählten Mitgliedern 1) dem ehemaligen Erbscholtiseibesitzer, Gerichts- und Polizeisch. Ernst Frdr. Rudolph, Inhaber des Allg. Ehrenzeichen von hier; 2) dem Bauergutsbesitzer Hagedorn von hier; 3) dem Tischlermeister Schubert aus dem Glofenauer Grunde und 4) dem Kretschambesitzer, ehemal. Scholz Preußner aus Manze, unter dem Vorsitze des zeitigen Pfarrers den "Gemeinde-Kirchen-Rath".

Der Kirchvater Conrad starb bei Tampadel am Fuße des Zobtens vom Schlage getroffen, wohin er nach Bauholze "einem guten Nachbar" gefahren war.

Die unter Nr. 17 und 18 genannten Kirchväter Dittrich und Deus starben beide an ein und demselben Tage und Jahre, den 7. Dezember 1829.


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