Unsere Deutsche Wurzeln - Our German Roots
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DIE GESCHICHTE DES DORFES GOLLSCHAU, KR. STREHLEN

Von Lehrer Paul Szyszka, in Gollschau

Wer die Heimat erforscht,
dient der vaterländischen Geschichte.

I. Teil. Das Dorf Gollschau bis zum Jahre 1740
II. Teil. (1937) Gollschau zur Zeit Friedrichs des Großen
III. Teil. "Urbarium von dem Gräflich von Zierotischen Fidei-Commiß-Guthe Gollschau im Nimptscher Kreise"
. . . Cap. I. Geld- und Naturalzinsen
. . . Cap. II. Von den Diensten
. . . Cap. III. Von der Gemein-Arbeit
. . . Cap. IV. Vom Dienen des Hofgesindes
. . . Cap. V. Von besonderen Prästandis (Pflichtleistungen)
. . . Cap. VI. Von besonderen des Dominii in Ansehung der Unterthanen
. . . Cap. VII. Von den Nutzungen, welche die Unterthanen zu genießen haben
IV. Teil ( 1939) Gollschau wird von der Erbuntertänigkeit frei
V. Teil. (1940) Gollschau im 19. Jahrhundert
. . . 1. Ein Gollschauer Bauer wird seines Glaubens wegen verfolgt
. . . 2. Das Notjahr 1847 und das Revolutionsjahr 1848
. . . 3. Das Kriegs- und Cholerajahr 1866
. . . 4. Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71
VI. Teil. (1941) Die frühere Lehns- und spätere Fideikommißherrschaft Prauß und ihre Besitzer im Laufe der Jahrhunderte bis zum Jahre 1923
. . . Die Borschnitze als Besitzer von Prauß, 1295-1688
. . . Die Familie von Lilgenau als Besitzer von Prauß 1672-1707
. . . Die Grafen von Zierotin als Besitzer von Prauß 1707-1923
. . . Auflösung der Herrschaft Prauß
Gollschau im 20. Jahrhundert

Flurnamen der Gemarkung Gollschau, Kreis Strehlen
Gollschau in der Statistik (Dr. H. D. Loebner)
Die "wüsten Hufen" in Gollschau (Von Rektor Günther, Strehlen)

Heimatblatt, Okt 1977- März 1979 (18 Fortsetzungen).

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Flurnamen der Gemarkung Gollschau, Kreis Strehlen

Meßtischblatt Nr. 3077/78

Vorbemerkungen: Die Flurnamen mit der Jahreszahl 1740 stammen von einer Flurkarte aus dem Jahre 1740, die Zahl 1818 weist auf einen Flurplan von 1818 und die Zahl 1831 auf ein Vermessungsregister von 1831 hin. Alle drei Quellen befinden sich in Privathänden. Die unterstrichenen (italic) Flurnamen werden noch heute gebraucht. Eine Gemarkungskarte, auf der alle diese Flurnamen genau eingezeichnet sind, befindet sich beim Staatsarchiv in Breslau.

Ortsname: 1210 — 1260 Golostovici, 1553 Goltsche, 1573 und 1608 Golsche, 1636 Golschaw, 1717 und 1740 Golsche, seit ungefähr 1800 Gollschau, mundartlich Gullsche.

1. Der Bierrain. Ein Feldrain, den die Ortsbewohner früher benutzten, wenn sie Bier aus der Brauerei in Leipitz holten.

2. Die Mittelgasse. Eine Gasse, die von der Dorfmitte nach Neudorf und Gorkau führt.

3. Die Schusterlusche. Ein kleines Teichel im Dorfe neben dem Gehöft des früheren Stellenbesitzers Schuster.

4. Die Hohle. Ein Hohlweg nach Sadewitz.

5. Die Schütten. 1740, 1818 Ackerstücke am äußersten Südostende der Gemarkung.

6. Der Stefußkeberg. (Steinfußberg) Ackerstücke. Bis dahin soll der Fuß des Gorkauer Steinberges reichen.

7. Die Katzeminke. Eine kleine Wiese.

8. Der Katzenminkeberg, 1740

9. Der Katzenminkebrunnen, 1740

10. Die Weißquere. Acker, welcher früher einem Weiß gehörte.

11. Die Kapschnicken. 1740, 1818, 1831, heute Kapschnicke. Wiesen, in der Nähe des Dorfes.

12. Die Sandberge. Der obere Sandberg und der untere Sandberg, 1740,1818.

13. Die Grasche wade. 1740, Die Groschewoden, 1818

14. Die Schinke. Ein kleiner Laubbusch.

15. Die kleine Schinke. 1740,1831 Äcker.

16. Die große Schinke. 1740, 1831 Äcker.

17. Die Pranten. 1818 Äcker.

18. Die Fohlenwiese. Wiese, auf der früher Fohlen weideten.

19. Die Fasanerie. Ein Laubwald, in dem früher Fasane gezüchtet wurde.

20. Die Lohewiesen. Wiesen, der Gemeinde und des Dominiums an der kleinen Lohe.

21. Das Gewürzgärtel. Ein Wiesenplan auf den Lohewiesen.

22. Der Stadtfußsteig, 1831.

23. Die Zweigraben. 1740, ein Feldweg, den fruher die Bewohner von Prauß benutzten, wenn sie nach Strehlen gingen. Streckenweise befindet sich auf jeder Wegseite ein Graben.

24. Der Kirchfußsteig. Ein Fußweg den die Gollschauer in die Kirche nach Prauß gehen.

25. Der Niedergarten. 1740, Acker am Dorfe.

26. Der Rauergarten. Acker in der Dorflage, Rauer war ein früherer Eigentümer.

27. Das Borngewende. 1831, Acker.

28. Das Dreiborngewende. 1831, Acker.

29. Der Börndelberg. Der Brünnelberg, 1740, Acker.

30. Das Fuchsgewende. 1818, Acker.

31. Die Fuchstilke. 1740, Acker.

32. Der Fuchsberg. 1740, Acker.

33. Das Gassengewende. 1831, Acker.

34. Die Remise. 1831. Damals ein Busch mit 5 - 6jährigen Erlen.

35. Das Jungfernerlicht. 1831. Früher ein Gebüsch mit 4jährigen Erlen.

36. Die Rüsterstücke. 1818, Äcker.

37. Das Rüsterstück. 1831. Früher ein Gebüsch mit 2- 3jährigen Erlen.

38. Das Spitzbubenerlicht. 1831. Früher ein Gebüsch mit 6jährigen Eichen und Birken.

39. Das Weiß-Erlicht. Früher ein Gebüsch mit 2 -3jährigen Erlen.

40. Das Schaar-Teichel. 1831, Teich.

41. Die Hohen böthe. 1740. Die hohen Beete, 1831, Äcker.

42. Der Herzogteich. 1740, 1831.

43. Der Lehmberg. 1740, Bergiger Äcker.

44. Der Große Lehmberg.1740, Bergiger Acker.

45. Die Schmiedestücke. 1740, Acker, der dem Gemeindeschmied zur Nutzung zustand.

46. Der Fimpentümpel. 1740. Ein Tümpel.

47. Das Niederfeld. Das Niederweisenfeld. 1740, das Feld in der Niederung.

48. Die Sauberge. 1818. Jetzt: der Säuberg. Bergiges Gelände in der Nähe der Dorfes, auf dem früher Schweine gehütet wurden.

49. Das Scholzendienststück. 1818. Dienstland des Scholzen.

50. Die Wiesenwinkel. 1818. Wiesen an der Fasanerie.

51. Der Gänseanger. 1818. Gansehütungsland.

52. Die Quere. 1831. Acker.

53. Die Hellentücke. 1740. Jetzt: die Hölle. Ein wegen des bergigen Gelandes schwer zu bewirtschaften Ackerstück. Noch heute sagt der Besitzer, das die Arbeit auf diesem Acker eine Höllenarbeit ist.

54. Die lange Allee. Ein fruherer Schaftriebweg.

55. Der Türkenbrunnen. Eine Brunnenquelle im Garten der Stelle Grundb.-Nr. 30 (Hermann Wildner). Aus diesem Brunnen sollen die Russen, die 1813 in Gollschau einmal gelagert haben sollen, ihren Wasserbedarf gedeckt haben. Sie wurden von den Einwohnern wegen ihrer rauhen Eigenschaften allgemein als Türken bezeichnet. Auf der Stelle, wo 1813 das Russenlager gewesen war, hat man noch vor kurzem russiche Münzen damaliger Zeit gefunden.

56. Das Praußer Müller-Stücke. 1740. Ein Ackerstreifen.

57. Das Birnbaum-Stücke. 1740. Ein Ackerstreifen in der Verlängerung von 56.

58. Schaff Läde. 1740. Wiese.

59. Kurze Ladenstücke. 1740. Äcker.

60. Lange Ladenstücke. 1740. Äcker.

61. Die Ochsengraben. 1740. Zwei Parallelgräben.

62. Die Kirchmorgen. 1740. Acker, der früher zur Praußer Pfarrstelle gehörte.

63. Die Petersdorffer Morgen. 1740. Acker.

64. Die Kober-Wiese. 1740.

65. Die krumme Wiese. 1740.

66. Der Landgraben. 1740. Ein Grenzgraben.

67. Der Gorcker Garten. 1740. Acker, in der Dorfnähe mals zu Gorkau gehört haben soll. Heute Wiese.

Neuere Flurnamen:

68. Apfelallee

69. Eschenich. Wald, grenzt an Gollschauer Dominiumsacker.

70. Am 1. Püschla, am 2. Püschla, Dominiumfeld.

71. An der Feldscheune, Dominiumfeld.

72. An der Rampe. Hier wurde die Gorkauer Steine verladen.

73. Pauerallee. Rechts und links mit Kirschbäumen bepflanzt; hier lagen die Bauernfelder.

74. Wartilke. Wald auf Leipitz zu gelegen.

75. Am Leipitzerwege.

75. Gonsgraben.

76. Gonsgraben.

77. An der langen Wiese.

78. Kiefernberg. Basalt.

79. Gorkauer Berg. Granit.


Gollschau in der Statistik

Zur Geschichte des Dorfes Golschau von Dr. H. D. Loebner

Lage: 12,5 km nordöstlich der Kreisstadt Nimptsch, 10 km südwestlich der späteren Kreisstadt Strehlen (ab 1932) Straßendorf. Ev. und kath. Kirche in Prauß, das 3,5 km nordwestlich von Gollschau liegt. Amtsbezirk Prauß, Eisenbahnstation: Karschau (4 km) oder Kurtwitz (5 km). NN 180 m.

Name: zu der Deutung des Ortsnamens durch Paul Szyszka ist zu sagen, das seine erste Erklärung (Golost-ovici = Dorf des Golost) sicherlich die richtige ist. Auch die Polen nennen Gollschau heute Golostowice. Golost braucht freilich durchaus kein Slawe gewesen zu sein. Die meisten von einem Namen herrührenden Ortsbezeichnungen des Nimptscher Landes gehen auf den Gründer bzw. Besitzer des Dorfes zurück. Adamy's Herleitung von slav. 'gola' = 'kahle Stelle im Walde' ist viel zu unspezifisch und hat sich auch in anderen/ ähnlichen Fällen als falsch erwiesen. In ihrer Allgemeinheit ließe sie sich auf viele Orte anwenden. Überdies war auch zur Zeit der Namensgebung die Umgegend von Gollschau keineswegs völlig von Wald bedeckt. Adamy's Buch "Die schlesischen Ortsnamen" stammt aus dem vorigen Jahrhundert und ist heute völlig überholt. Mundartlich hieß Gollschau: Gullsche.

Politische Gemeinde: Bürgermeister bis 1923: Gustav Heckert, von 1923 bis 1945: Konrad Kappler, 1945: Ewald Wildner. Amtsvorsteher bis 1933: Lehrer Paul Szyszka, ab 1933: Lehrer Piscol. 1942 betrug das Gemeindeareal 540,05 ha, Gollschau hatte 383 Einwohner, 98 Haushalte, 6 Gemeinderäte und eine evangelische Volkschule (allgemeiner Lehrer seit 1908: Paul Szyszka. Dieser starb am 23.7.1953 in Nordenham).

Kirchengemeinde: Das Kirchdorf für beide Konfessionen war Prauß. In Gollschau befanden sich 20 Altlutheraner, die ihren Glauben durch die Stürme der Zeit bis auf den heutigen Tag verteidigt haben. Gollschau war ganz überwiegend evangelisch.

Bevölkerungszahlen: 1783: 265 Einwohner. — 1845 schreibt Knie über Gollschau: 1260 Golostovici, 1374 Goleschow, 52 Häuser, 1 Vorwerk, 421 Einw., davon 75 katholisch, 11 Handwerker, 2 Händler. — 1867: 430 Einw. — 1897 380 Einw. — 1900: Dorf 301 + Gut 96 Einw. — 1910 Dorf 321 + Gut 78 Einw. — 1919: Dorf 308 + Gut 93 Einw. — 1925: Dorf 311 + Gut 105 Einw. — Mit Wirkung vom 1.10.1928 wurden die Gutsbezirke aufgelöst. — 1939: 379 Einw. — 1941: 396 Einw. — 1942: 383 Einw. — 1945: 398 Einw.

Namen der Einwohner 1945: Aisch, Best, Binke, Blech, Böer, Büchner, Büttner, Dettke, Drauschke, Drescher, Drieschner, Franz, Frenzel, Flechtner, Fleischer, Geisler, Göttlich, Hahnel, Hampel, Hanke, Heckert, Herrmann, Hilbig, Hirsch, Hirschberg, Holdt, Hulboy, Jäckel, Janus, Kappler, Kasparek, Kiefer, Kirschstein, Kittlaus, Klose, Kolbe, Kupka, Kusche, Langer, Matusche, Meitner, Morawe, Müller, Mundel, Nehls, Neumann, Nierle, Palluch, Pauer, Paul, Pennig, Pietsch, Pletschke, Praheiske, Riedel, Rösner, Schaar, Scheer, Scheffler, Schneider, Scholz, Schubert, Schwarzer, Seiler, Standke, Steiner, Stephan, Szyszka, Thiemt, Warkuß, Weinbrich, Weiß, Wildner.

Gefallene des 2. Weltkrieges: Aisch; Boer; Hanke; Walter; Heckert; Hulboy; Janus; Kirschstein; Kittlaus; Morawe; Müller; Palluch; Scholz I; Steiner; Warkuß; Wildner; Wildner.

Hirsch Alfred; Holdt Gerhard; Kittlaus Heinz; Kupka Herbert; Palluch Wilhelm; Scholz Walter; Standke Max; Thiemt Martin; Wildner Gerhard; Wildner Carl.

Schwerverletzte: Ernst Hanke jun. und Oskar Schneider.

Viele Gollschauer gerieten auch in Gefangenschaft.

Bauern bzw. Grundbesitzer in Golschau (1 ha = 4 Morgen) 1) Aisch, Emma 3 ha; 2) Böer, Ernst und Ehefrau 4,31 ha; 3) Drauschke, Adolf 0,50 ha; 4) Drescher, Reinhold 33,11 ha; 5) Drieschner, Hermann (Janus, Erich) 10 ha; 6) Franz, Paul 1,75 ha; 7) Hanke, Elita 31,14 ha; 8) Heckert, Ernst 14,48 ha; 9) Heckert, Gustav 29,25 ha; 10) Holdt, Gustav 32,50 ha; 11) Hulboy, Rudolf 3,625 ha; 12) Kappler, Konrad 36,66 ha; 13) Kirschstein, Martha (Erben) 1,50 ha; 14) Müller, Paul 16,78 ha; 15) Mundel, Richard 1,50 ha; 16) Nierle, Emma 2,64 ha; 17) Pauer, Emil 4,75 ha; 18) Schneider, Hermann 7,18 ha; 19) Skrbensky, v. Rudolf (Inspektor Bernhard Kiefer) 252,45 ha; 20) Scholz, Emma 0,50 ha; 21) Seiler, Karl 0,25 ha; 22) Sperlich, Martin 3,15 ha; 23) Steiner, Meta 7,90 ha; 24) Warkuß, Robert 6,75 ha; 25) Weinbrich, Regina 4,32 ha; 26) Wildner, Hermann 2,75 ha; 27) Wildner, Maria 2,89 ha.

Handwerker, Gewerbetreibente und Angestellte: Schuhmachermeister Julius und Oskar Aisch, Straßenwärter Max Best und Ernst Flechtner, Maurer August Büchner, Hebamme Anna Büttner, Kaufmann und Gastwirt Adolf Drauschke (gest. 1952), Tischler Richard Flechtner, Elecktriker Bernhard Jäckel, Schlosser Walter Kirschstein (gefallen) Schmied Fritz Kirschstein, Chauffeur Walter Kirschstein, Schlossermeister Erich Kupka (gest. 1946 in Gefangenschaft), Bauunternehmer Kurt Matusche (gest. 1948), Zimmerer Paul Morawe, Fleischer Richard Mundel, Steinmetz Richard Paul, Kranführer Max Scholz (gest. 1944), Gemeindediener Karl Scholz II (gest. 1955), Tischlermeister Heinrich und Gotthard Schneider, Stellmachermeister Carl und Erwin Seiler, Gast- und Landwirt Alfred Steiner (gest 1946 in Gefangenschaft), Schmied Max Stephan, Bäckermeister Karl Thiemt (gest. 1950), Handelsmann Karl Wildner, Eisenbahner Paul Wildner. - Posthalter war Kaufmann Drauschke.

Die anderen Bewohner waren Steinarbeiter im Granitsteinbruch Gorkau, Landarbeiter auf dem Dominium Gollschau oder Rentner.

Vereine: Es gab in Golschau nur die Feuerwehr mit ihrer Theatergruppe. Einige Gollschauer waren Mitglieder d. Kriegervereins Karschau.

Ärzte: Die medizinische Versorgung der Gollschauer erfolgte durch die Ärzte Dr. John und Dr. Schimmel in Prauß.

Mit diesen statistischen Angaben endet (vorerst) die Geschichte des Dorfes Gollschau.


Von Rektor Günther, Strehlen.

Herr Studiendirektor Dr. Horst-Dieter Loebner, jetzt in 477 Soest, Herzog-Johann-Straße 14, übersandte uns zu der umfangreichen Fortsetzungsfolge über Gollschau noch nachstehenden Beitrag:

Die "wüsten Hufen" in Gollschau.

Wie anderwärts ist auch in Gollschau ein langwährender Streit um die "wüsten Hufen" gefühlt worden. Das sind Bauernstellen, die aus irgend einem Grunde von ihren Inhabern aufgegeben und darum "wüst" geworden waren, worauf sie der Grundherr "einzog" und wie eigenen Besitz behandelte. Die Gründe für das "Wüstwerden" von Bauerngütern waren mannigfacher Art. Im 30jährigen Kriege verödeten viele Bauernstellen, weil die Besitzer durch das Schwert oder die Pest dahingerafft wurden. Häufig stellten die Bauern auch mehr oder weniger freiwillig die Bewirtschaftung ein, weil es ihnen bei immer größer werdenden Schulden und Dienstlasten nicht möglich war, die Frondienste zu leisten und die Abgaben zu zahlen. Nach dem damals geltenden Recht sollte der Gutsherr die einzuziehenden wüsten Güter zwar ebenso erkaufen wie die zum freien Verkauf angebotenen, nur daß bei jenen wegen der Verlassung und Überschuldung ein besonderes Aufgebotsverfahren vorausging, das er selbst als "Obereigentümer" einzuleiten und durchzuführen hatte. Bei der damaligen, auch in rechtlicher Hinsicht unsicheren Zeitverhältnissen entzog sich in vielen Fällen der Gutsherr seiner Zahlungspflicht oder er stellte fest, daß er wegen Fehlens berechtigter Erben oder wegen der Höhe seiner eigenen Ansprüche an die Güter nichts zu zahlen habe. Damit nicht zufrieden, erstrebte er oft auch noch die Befreiung der ausgekauften oder eingezogenen Bauerngüter von den Gemeindesteuern.

Die ersten Entscheidungen über die zwischen den Gemeinden und Gutsherrschaften schwebenden Streitigkeiten fällten bereits König Friedrich Wilhelm I. in dem am 1. Dezember 1721 erlassenen "Regulae directive" und Friedrich der Große im Edikt vom 14. Juli 1749. Ohne auf eine Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Erwerbes wüster Hufen einzugehen, wurde bestimmt, daß für die von den Gutsherren nach 1633 eingezogenen Bauerngüter Gemeindeabgaben zu entrichten sind, was jedoch vorher eingezogen worden war, "den uralten Rittersitzen gleich zu achten" ist.

In den auf Grund dieser Bestimmungen aufgestellten Katastern des 17. Jahrhunderts wird der gesamte Gollschauer Dominialbesitz als aus wüsten Hufen gebildet angegeben. Er wurde deshalb 150 Jahre lang zu Gemeindeabgaben herangezogen. Im Jahre 1912 leitete der Besitzer von Gollschau, Graf Karl Zierotin Freiherr von Lilgenau in Blauda gegen den Gemeindevorstand in Gollschau (Heckert) ein Verwaltungsstreitverfahren wegen Heranziehung zu den Gemeindeabgaben ein. Er erreichte eine Befreiung von der Gemeindeeinkommensteuer, nicht aber von den Gemeindearealsteuern, da eine Observanz angenommen wurde und selbst die Gutachten des Klägers, erstattet von dem Bibliothekar Dr. O. Schwarzer in Breslau, "keinen Zweifel darüber lassen, daß im Jahre 1633 die ganze Gemarkung Gollschau an die Bauernstellen aufgeteilt war."

Dr. Schwarzer gibt richtig an, daß bei der Musterung zum Zwecke der Landesverteidigung im Juli 1619 in Gollschau 22 Bauern und 9 Gärtner außer mehreren Handwerkern und Häuslern gezählt wurden, bei der Ende Januar 1635 veranstalteten Zählung aber nur noch 4 Bauern und 1 Gärtner vorhanden waren. Er vermutet, daß die 1656 vorhandenen "17 Wüsteneien" erst 1633 und später entstanden sind. Ihm ist der in dem Brieger Amtsbuche "Verträge und Abschiede" aus den Jahren 1627-1629 (Staatsarchiv Breslau sub. sign. F: Brieg III 18 R. Fol. 160 bis 170) enthaltene "Leuterationsabschiedt zwischen den pauren zu Gollschau und den Porschwitzern zu Prauß" entgangen, der uns belehrt, daß 1629 in Gollschau nur noch 15 Bauernhufen vorhanden waren. Eine Abschrift der Urkunde findet sich in der von Grünhagen 1890 verfaßten Denkschrift "Hufen und Besitzverhältnisse des Dorfes Gollschau".

Die gleiche Denkschrift enthält die Abschrift eines Briefes des Georg von Borschnitz, datiert Prauß, den 23. Dezember anno 1656, an den Herzog Georg von Brieg, der einige Angaben über die Gollschauer wüsten Hufen enthält. Der ehemalige Pfarrer von Quickendorf, Johann Geppert, machte den Gutsherrn Borschnitz haftbar für eine Schuld von 40 Talern Schlesisch, die auf den Gollschauern wüsten Bauerngütern lastete. "Auf sein (des Pfarrers) continuirliches Anlauffen und ungestümes Anhalten seiner vermeineten Schuld halben" erklärt Georg Borschnitz: "Mir ist niemals in Sinn gekommen, diese Güter eigentümlich an mich zu bringen; es sind in diesem Dorf wohl in die 17 Wüsteneien und wurden zu diesem Schuldwesen (um sie als Eigentum zu erwerben) etliche tausend Taler gehören, als Herrn Gepparten verdrießlich; die wenige Nutzbarkeit, so ich von diesen Gütern erhebe, vermöge des Landschlusses, so bezahle er mir nur meine privilegierten Schulden, verrichte die Robotten und Zinsen und führe die onera publica ab, wie ich eine ziemliche Zeit getan, so mag er von mir ungehindert alle wüsten Bauerngüter gebrauchen, wie und so lange er will."

Hiernach sind die Gollschauer wüsten Bauernhufen von der Gutsherrschaft ohne Kauf in Nutzung genommen worten, der Gutsherr bezahlte für diese Stellen die öffentlichen Abgaben, machte aber Schwierigkeiten bei der Übernahme der auf ihnen lastenden Schulden.

Noch aufschlußreicher sind zwei Urkunden aus dem Jahre 1668 von Dr. Schwarzer in einem Gutachten auszugsweise angeführt, die sich mit dem ersten Rechtsstreit um die Gollschauer wüsten Hufen befassen. Nach dem Tode des ersten Erbherrn von Prauß, Gollschau usw., George von Borschnitz, machten dessen weibliche Erben Ansprüche auf die Gollschauer wüsten Huben geltend. Sie betonten deren völlige Verwahrlosung und die erheblichen Unkosten, die der Familie durch ihre Urbarmachung entstanden seien - wahrscheinlich, um bei Abweisung ihrer Ansprüche wenigstens eine Barentschädigung herauszuschlagen. Der Verwalter des herzoglichen Amtes Strehlen, Martin Gotthardt, erstattete ein Gegengutachten. Er stützte sich dabei auf die Angaben des ehemaligen Ortsschulzen Martin Pletschke, der 46 Jahre lang in Gollschau ansässig war und als durchaus zuverlässiger und ortskundiger Zeuge gelten kann. In der Gegenäußerung heißt es:

"Anno 33 seindt die Pauren zu Prauß und Golsche Kriegsunruhe und Pest wegen von den Gütern wegkommen, nach Verfließung 16 Jahren aber und nach erfolgtem Frieden anno 49 haben die Herren Borschnitzer solche völlig eingezogen und bis dato gesäet und genossen. In vorgemeldeten 16 Jahren aber haben nichts minder die Herren Borschnitzer doch immer was mit gesäet und ihnen so viel Viehe gehalten, daß sie solche Äcker bei damaligen hohen Wert des Getreides samdt Huttungen genugsam genossen, die Wiesen haben sie auch so gutt bald nach der Peste als erfolgtem Frieden genossen, was sie nicht in Vorwergen gebraucht, ist Leuten vermittet worden. In gleichen auch zu solcher Zeit die Gerte an Grasen und Obst. Und wird nicht erweißlich sein, wie Erben anführen, daß solche nicht im mindesten gebraucht und genossen worden wehren. Viel weniger, daß solche äußerst verwüstet und verstrauchte Pauergütter und Aecker mit großen Unkosten hätten müssen gerodet und also zu einigem Gebrauch wehren angerichtet worden. Von dergleichen einigem Roden weiß kein Mensch."

Der Scholz Martin Pletschke ist offenbar der Überzeugung, daß die Einziehung der wüsten Hufen für die Gutsherrschaft kein Opfer bedeutete, sondern recht lohnend war. Das Gollschauer Hubenregister von 1670 vermerkt: "Beym forwege sind 23 1/2 pauerhuben". Das sind mehr als 1500 Morgen. Nach den Angaben des Katasterrevisionsprotokolls von 1738 sind von den eingezogenen Wüstungen 1670, 1676 und 1677 je ein Bauerngut mit zusammen 5 1/4 Hufen wieder besetzt worden. In den Katasterakten der österreichischen und preußischen Zeit bis 1749 sind durchweg 8 Bauern mit 14 1/4 Hufen angegeben, beim Dominium werten regelmäßig 18 1/4 Hufen (wüste Hufen) vermerkt.

Die Streitfrage, ob und in welchem Umfange die wüsten Hufen zu den Gemeideabgaben herangezogen werden können, ist durch die Eingemeindung der Gutsbezirke gegenstandslos geworden. Die Besetzung sämtlicher "wüsten Hufen" mit Bauern ist nur noch eine Frage der Zeit.

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