Unsere Deutsche Wurzeln - Our German Roots
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DIE GESCHICHTE DES DORFES GOLLSCHAU, KR. STREHLEN

Von Lehrer Paul Szyszka, in Gollschau

Wer die Heimat erforscht,
dient der vaterländischen Geschichte.

I. Teil. Das Dorf Gollschau bis zum Jahre 1740
II. Teil. (1937) Gollschau zur Zeit Friedrichs des Großen
III. Teil. "Urbarium von dem Gräflich von Zierotischen Fidei-Commiß-Guthe Gollschau im Nimptscher Kreise"
. . . Cap. I. Geld- und Naturalzinsen
. . . Cap. II. Von den Diensten
. . . Cap. III. Von der Gemein-Arbeit
. . . Cap. IV. Vom Dienen des Hofgesindes
. . . Cap. V. Von besonderen Prästandis (Pflichtleistungen)
. . . Cap. VI. Von besonderen des Dominii in Ansehung der Unterthanen
. . . Cap. VII. Von den Nutzungen, welche die Unterthanen zu genießen haben
IV. Teil ( 1939) Gollschau wird von der Erbuntertänigkeit frei
V. Teil. (1940) Gollschau im 19. Jahrhundert
. . . 1. Ein Gollschauer Bauer wird seines Glaubens wegen verfolgt
. . . 2. Das Notjahr 1847 und das Revolutionsjahr 1848
. . . 3. Das Kriegs- und Cholerajahr 1866
. . . 4. Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71
VI. Teil. (1941) Die frühere Lehns- und spätere Fideikommißherrschaft Prauß und ihre Besitzer im Laufe der Jahrhunderte bis zum Jahre 1923
. . . Die Borschnitze als Besitzer von Prauß, 1295-1688
. . . Die Familie von Lilgenau als Besitzer von Prauß 1672-1707
. . . Die Grafen von Zierotin als Besitzer von Prauß 1707-1923
. . . Auflösung der Herrschaft Prauß
Gollschau im 20. Jahrhundert

Flurnamen der Gemarkung Gollschau, Kreis Strehlen
Gollschau in der Statistik (Dr. H. D. Loebner)
Die "wüsten Hufen" in Gollschau (Von Rektor Günther, Strehlen)

Heimatblatt, Okt 1977- März 1979 (18 Fortsetzungen).

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VI. Teil. (1941)
Die frühere Lehns- und spätere Fideikommißherrschaft Prauß und ihre Besitzer im Laufe der Jahrhunderte bis zum Jahre 1923.

Über Prauß und die Besitzer der Grundherrschaft ist schon verschiedentlich geschrieben worden, aber immer nur in Bruchstücken. So finden wir im Nimptscher Landsmann-Kalender wenn wir die einzelnen Jahrgänge durchgehen, hier und da Aufsätze über dieses Thema. 1924 schreibt Martin Illig über Prauß und die jeweiligen Grundherren in großen Umrissen; 1934 bringt E. Rauch, Nimptsch, zur Geschichte der Familie von Zierotin, des Schlosses in Prauß und des sog. Bauernstreiks von 1770 wichtiges Material aus zum Teil neuen Quellen. Schließlich lesen wir noch in dem früheren Nimptscher Volksblatt des Jahres 1924 über "Altes und Neues von Prauß" von Georg Schalaster. Nachdem nun aber die Fideikommiß-Herrschaft Prauß im Jahre 1923 zu existieren aufgehört hat, soll jetzt die Geschichte derselben, soweit solche bekannt ist, zusammengefaßt und als ein Ganzes dem Leser vor Augen geführt werden.

Der Name Prauß erscheint 1295 zum ersten Male in einer Urkunde, die in "Selisiorum Rei Historicae" 1732 von Friedrich Wilhelm Sommersberg aufgezeichnet ist. Darin bezeugt Herzog Heinrich von Schlesien, Herr von Breslau, daß Andreas von Pruß seine Erbgüter in Prauß nebst allem Zubehör an den Ritter Conrad von Borschnitz und Johann, dessen Bruder, verkauft hat. Nach diesem Ritter von Pruß hat das Dorf auch seinen Namen erhalten. In seinem Büchlein "Das Nimptscher Land im Spiegel der Ortsnamen" (Nimptsch 1922) vertritt Martin Illig die Ansicht, daß die Ritter von Pruß einem alten slawischen Geschlecht angehörten und aus Polen nach Schlesien eingewandert sind, gleichzeitig lesen wir auch dort, daß der Ortsname Prauß verdeutscht Wetzstein heißt. Diesen Ausführungen entgegen wird wiederum von anderen die Ansicht vertreten, daß das Geschlecht aus Preußen eingewandert ist. Ob nun die Ahnen dieses Rittergeschlechtes einmal tatsächlich Wetzsteinhändler gewesen sind, sei völlig dahingestellt. Auf jeden Fall aber hat der Ort den Namen seinem ersten nachweisbaren Besitzers erhalten, wie es in damaliger Zeit bei Benennung der Ortschaften üblich war und wie z.B. auch das benachbarte Gollschau um fast dieselbe Zeit auf gleiche Weise zu seinem Namen gekommen ist. Prauß bedeutet "das Dorf des Pruß". Wie lange der Besitz in Händen dieses Ritters gewesen ist, läßt sich nicht nachweisen, wohl aber steht das fest, daß das Dorf 1295 in den Besitz derer von Borschnitz gelangt ist, die dann dasselbe bis 1688 zu eigen hatten.

Die Borschnitze als Besitzer von Prauß, 1295-1688.

Dieses Geschlecht hatte in der Geschichte Schlesiens einen nicht unbedeutenden Namen. Vor allem zeichneten sie sich als Kriegsleute in mancher Schlacht aus. Ein Borschnitz kämpfte 1241 in der Mongolenschlacht bei Liegnitz, ein anderer 1410 an der Schlacht bei Tannenberg, ein dritter fiel in den Hussitenkriegen bei Altwilmsdorf in der Grafschaft Glatz. Auch in der Landesverwaltung waren die Borschnitze als angesehene und erfahrene Ritter oft tätig. Wir finden ihre Namen in verschiedenen Urkunden bei Amtshandlungen der Herzöge von Schlesien als Zeugen angeführt. (Schles. Regesten 5193, 6436). Unter den Borschnitzen sind hauptsächlich die Praußer und Ranchwitzer Linie zu unterscheiden. Der ersteren gehörten Prauß, Gurke (Gorkau) und Leipitz, der letzteren hingegen Klein-Johnsdorf, Goltsche (Gollschau) und Ranchwitz. Im letztgenannten Dorf baute ein Borschnitz 1628 eine Wasserburg, deren Ruinenreste heute noch zu sehen sind, Gollschau war zeitweise geteilt, zeitweise auch selbständig. Auch gehörte eine Zeitlang noch Kurtwitz den Borschnitzen, 1569 gehört es aber schon den Gregersdorfern.

1. Conrad v. Borschnitz und sein Bruder Johann. (1315, 1318, 1336)

Aus dem Leben dieser Brüder ist wenig bekannt. Drei Urkunden über dieselben finden wir in den Schles. Regesten. Nr. 3459 besagt, daß Johann von Porsnicz mit seines Bruders Conrad und dessen Söhnen Zustimmung der Tochter seines Bruders, der Schwester Kunigunde, Nonne bei St. Clara in Breslau, 4 Mark jährlichen Zinses, nämlich 3 Mark von zwei Mühlen seines Hofes zu Prwys und 1 Mark von den Gärten daselbst vermacht. 6.1.1315 Breslau. Nach Nr. 3738 der Reg. bestätigt Conrad v. Borschnitz die von seinem Bruder ausgesprochene Überweisung von 4 Mark Zins an seine Tochter Kunigunde. 1318. Nach der Urkunde Nr. 3868 der Reg. bestätigt Boleslav, Herzog von Schlesien und Herr zu Liegnitz, diese Schenkung.

2. Goczko (Gotsche) von Bursnicz (Borschnitz). 1368, 1396.

Im Jahre 1368 belehnte Herzog Ludwig von Brieg (1343-1396) den Goczko (Gotsche) v. Borschnitz mit dem Leben Prauß, zu dem noch die Ortschaften Ranchwitz, Gollschau, Gorkau, Klein-Johnsdorf und Plottnitz gehörten. Derselbe Borschnitz wird noch in einer Urkunde vom 9.5.1396 erwähnt.

3. Hans von Borschnitz. 1494.

Diesem Hans von Borschnitz haben außer dem Teil von Prauß noch Gollschau, Gorkau und ein Teil von Groß-Kniegnitz gehört. 1474 kaufte er noch Sadewitz ohne das Vorwerk. Im Jahre 1494 erweiterte er die Kirche in Prauß. Die andere Hälfte von Prauß gehörte mit Klein-Johnsdorf, 5 Hufen von Gaumitz, Roth-Neudorf und einem Teil von Senitz (Scholtisei) dem Georg Cziris. Einem Heinrich v. Borschnitz gehörten Slotnicz (Roth-Schloß), Mallschau und Groß- und Klein-Poseritz. Ranchwitz gehörte dem Heinze Grögersdorf, der auch noch Pudigau und Grögersdorf besaß. Das Dorf Kurtwitz führte damals den Namen Kunradstorff (Konradsdorf).

4. Nicolaus von Borschnitz. (gest. 25.12.1558)

Dieser Borschnitz schloß sich der unter dem Herzog Georg I. von Brieg in Schlesien eingeführten lutherischen Reformation an. In von ihm hinterlassenen Aufzeichnungen finden wir genau angegeben Größe und Lage der zur Herrschaft gehörenden Felder, Wiesen und Wälder. Sie enthalten ferner ein Verzeichnis der Eigenleute sämtlicher Güter mit den Lasten und Zinsen, ferner Entscheidungen der Herzöge in Erb- und Grenzstreitigkeiten, Streitigkeiten mit den Gollschauer Bauern, auch Kaufverträge und Adelsprivilegien. Nicolaus von Borschnitz war vermahlt mit Anna von Diebitzer; er starb am 25.12.1558. Seine Gemahlin folgte ihm am 1.5. 1559, überlebte ihn also nur wenige Monate. Die Inschriften zweier Leichensteine an der Praußer Kirche lauten: "Anno 1558 am H. Christtage ist in Gott seelig entschlafen der Edele Ehrenfeste und Wohlbeambte Herr Nicolaus von Borschnitz zum Prauß. Dem Gott Genedig sey." "Anno 1559 am Tage Philippi Jakobi (1. Mai) ist in Gott seelig entschlafen die Edle Tugendsame Fraw Anna geborene Diebitzin von Lilenaw, seine ehelige Hausfraw. Der Gott gnädig sey." Von den hinterlassenen Söhnen Otto und Wenzel erhielt ersterer Johnsdorf und Gollschau, letzterer Prauß und Ranchwitz.

5. Wenzel von Borschnitz (gest. 30.1.1623)

Er war Hofrichter im Brieger Fürstentum. Als Besitzer von Prauß führte er einen Streit mit Hans Gregersdorff von Kurtwitz wegen des von Prauß nach Kurtwitz kommenden und in den Brockuther Teich fließenden Wassers. (Staatsarchiv Breslau, Rep. 135, D 383.) Wenzel war in erster Ehe verheiratet mit Margarete von Schweinichen aus dem Hause Colmenicz (geb. 1546, gest. 17.1.1589). Die aus dieser Ehe entsprossene Tochter Helene lebte nur 10 Jahre und starb am 29.4.1581. Seine zweite Gattin war Magdalena von Czetrizen, geb. 1573, gest. 1.9.1624. Alle vier liegen in der Praußer Kirche begraben, an deren nach Norden weisenden Außenwand ihre Leichensteine sich befinden. Aus Wenzels zweiter Ehe entstammen zwei Söhne: Görge und Otto, die dem Vater als Lehnsherrn von Prauß folgten. Nach dem am 30.1.1623 erfolgten Ableben Wenzels folgte Otto zuerst als Grunderbe.

6. Otto von Borschnitz (geb. 1601, gest. 15.4.1650)

Dieser wird als Herr von Prauß, Gollschau, Gorke und Leipitz bezeichnet. Er scheint ohne männliche Erben verstorben zu sein, und so folgte ihm nach seinem Tode sein älterer Bruder.

7. George von Borschnitz (geb. 5.5.1594, gest. 25.3.1668)

Dieser war Herr von und auf Prauß, Ranchwitz, Klein-Johnsdorf, Gurke, Gollschau, Plottnitz (Lehnsgüter) und Leipitz (Erbgut). Er war verheiratet in erster Ehe mit Rosina, der Tochter Georgii von Prittwitz und Gaffron auf Habendorf (gest. 1636). Der von dieser 1626 geborene Sohn George Friedrich starb wenige Tage nach der Geburt. Die Tochter Rogina Elisabetz ehelichte später den Hans Friedrich von Wenzki auf Ruppersdorf. Im zweiten Ehestande lebte er 30 Jahre mit Eva, Heinrichs von Redern auf Tirpitz Tochter (geb. 1617, gest 1669), von der 3 Söhne und 4 Töchter geboren wurden. Von diesen Kindern sind aber alle 3 Söhne und 2 Töchter in der schönsten Blüte ihres Lebens verstorben. George v. Borschnitz starb 1668 am 25. März und wurde in der Praußer Kirche beigesetzt. Sein Sargdeckel trägt folgende Inschrift: "Im Jahre 1668 am 25. März ist Gott seelig entschlaffen der Herr Wohl Edelgebohren und Gestrenge Herr George von Borschnitz, Herr auf Prauß, Ranchwitz, Gollsche, Gurke, Plottnitz, Johnsdorf und Leipitz, des Fürstenthums Brieg Nimptscher Weichbildes wohlverordneten Herrn Landes Eltesten. Seines Alters 74 Jahre. Der in Gott ruhe." Nach ihm entschlief 1669 den 4 Februar zu Leipitz seine zweite Frau. Mit George von Borschnitz Tode erlosch die Familie der Borschnitze, die 300 Jahre lang Prauß besessen hatte.

8. Herzog Christian v. Liegnitz, Brieg und Wohlau, Besitzer von Prauß 1668-1672.

Das erledigte Lehen Prauß ließ der Landesherr, Herzog Christian von Brieg, Liegnitz und Wohlau, durch seinen verordneten Deputierten, als den Herrn Leonhard von Waldau auf Schwanowitz, Prombsten und Grunau, Fürstl. Herzogl. Rath, und sämtliche Strehlener und Nimptscher Land- und Hofgerichte den 11. Juli 1668 für sich in Possession (in Besitz) nehmen. Ein Inventarverzeichnis vom 10.7.1668 der gesamten Praußer Güter gibt uns Aufschluß über den Bestand an totem und lebendem Inventar, das sich wie folgt zusammensetzte: 129 Pferde, 37 Zugochsen, 221 Stück Rindvieh, 1686 Schafe, 227 Schweine, 154 Hühner, 51 Auerhühner, 193 Gänse, 31 Enten, 20 Ziegen, 21 Pflüge, 20 Ruhrhaken. 30 Eggen, 23 Wagen und anderes. Der Herzog starb am 28.2.1672 und vermachte die Herrschaft Prauß in seinem Testament auf drängendes Bitten seinem geheimen Rat Wilhelm Menzel, Freiherrn von Lilgenau, Erbherrn auf Haltauf und Eulendorf im Ohlauschen, Oyas und Hühnern im Liegnitzschen und Ober- sowie Nieder Ruppersdorf im Nimptschen:

Die Familie von Lilgenau als Besitzer von Prauß 1672-1707.

9. Wilhelm Wenzel von Lilgenau (geb. 1634, gest. 25.7.1693), Besitzer von Prauß 1672-1707.

Er war zuerst Kurbrandenburgischer Oberstleutnant und wurde vom Kaiser Leopold I. 1667 in den Freiherrnstand erhoben. Er entstammte einer alten schlesischen Familie, als deren ältestes Glied Johann Jonas, Herr auf Haltauf und Eulendorf, bekannt ist. Wilhelm Wenzel war von Geburt aus lutherisch. Um aber in den Besitz von Prauß zu kommen, wurde er dem Herzog zu liebe reformiert. Nach des Herzogs Tode lag die Entscheidung über die Belehnung beim obersten Lehnherrn, dem Kaiser. So reiste er mit dem Testament nach Wien. Um nun sicherer und schneller zum Ziele zu kommen, trat der Freiherr mit seiner Familie zur katholischen Kirche über. Er erhielt auch die Herrschaft Prauß. Nach seiner Rückkehr wurde er auch noch Kaiserl. Königl. Oberamtsrat von Schlesien in Breslau, wo er sein eigenes Haus bewohnte. Er hinterließ ein Testament vom 23.6.1693, "errichtet zu Breslau in meinem Hause", wodurch er die Herrschaft Prauß zu einem Fideikommiß machte. Wilhelm Wenzel scheint ein strenger und sparsamer, aber gerechter und sozialdenkender Mann gewesen zu sein. In seinem Testament spricht er mahnend und sogar drohend über das leichtsinnige Leben seinen einzigen Sohnes und Erben. Am 1.3.1674 verkaufte er in Prauß 13 Hofgärtnerstellen als erb- und eigentümlich, beließ diesen Gärtnern ihre alten Rechte, ohne deren Zinsen und Lasten zu erhöhen. Zu seiner Zeit brannte Ranchwitz (jetzt ein Teil von Prauß) zweimal ab, Ende November 1674 und am 2. Januar 1675. Beide Brände waren böswillig angelegt worden. Beim zweiten Brande jagte der Sturm Funken auf die mit Getreide gefüllte große Gutsscheune in Prauß, die abbrannte. Das Feuer verbreitete sich weiter, so daß Pfarrhof, Schule und noch 15 Häuser von Prauß auch den Flammen zum Opfer gefallen waren. Der damalige Pastor Gottfried Burghard, der gerade abwesend war "hat nicht eine Hand füllen können mit seinem Hausrat, kaum sind seine 3 kleinen Kinder gerettet worden". So heißt es im Praußer Schöppenbuch. Am 25.2.1682 brannten die Wirtschaftsgebäude der Pfarrei, die Schule und drei Häuser von Prauß ab.

Wilhelm Wenzel war vermahlt mit Charlotte von der Gröben. Sein Ableben erfolgte am 25.7.1693, und seine sterblichen Überreste sind bei den Franziskanern in Breslau beigesetzt worden. Sinapius sagt von ihm: "Ein im Kriege, bei Hof und in der Staatsklugheit höchst erfahrener Herr, bei dem die Bau-und Reitkunst samt anderen adligen Übungen und der Poesie sich mit Gerechtigkeit und Weisheit verschwestert, dessen einzige Sorge vor den Dienst des Kaisers und Wohlstand des Landes, auch in den größten Gliederschmerzen, womit sein Leib zum öfteren belegt war, gerichtet gewesen."

10. Ludwig Reinhold v. Lilgenau (geb. 1663) 1693-1707

Nach dem Tode Wilhelm Wenzels wurde sein Sohn Ludwig Reinhold Majoratsherr und Besitzer der Fideikommisses Prauß. Vermahlt war dieser mit Charlotte Susanne Comtesse von Hochberg und Friedland, die nach dem am 27.9.1707 in Breslau erfolgten Tode ihres Ehegemahls sich zum zweiten Male verehelichte mit dem Grafen Giannini in Wien. Ludwig Reinhold hinterließ nur eine Tochter, die großväterlicher Testamentsbestimmung gemäß die Güter Rudelsdorf, Haltauf und Eulendorf erbte. Das Majorat Prauß ging auf Luise Wilhelmine, die Schwester des Verstorbenen über. Ludwig Reinhold liegt in der Rudelsdorfer Herrschaftsgruft begraben.

Die Grafen von Zierotin als Besitzer von Prauß 1707-1923.

11. Frau Luise Wilhelmine Reichsgräfin von Zierotin, geb. Freiin von Lilgenau. 1707-1738.

Wie bereits erwähnt, fiel das Majorat Prauß nach dem Tode des Freiherrn Ludwig Reinhold von Lilgenau, der keinen männlichen Erben hinterlassen hatte, laut Testamentsbestimmung an dessen Schwester Luise Wilhelmine, die mit dem Grafen Johann Joachim von Zierotin vermahlt war. So kam die genannte Herrschaft auch in den Besitz der Zierotins. Johann Joachim von Zierotin war Ihrer Kaiserl. Majestät Rat, Kämmerer und Landrechtsbeisitzer in Mähren, Besitzer der Herrschaften Ullersdorf, Johnsdorf, Blauda, Wiesenburg und Chemilitz in Mähren, Groß-Wilkau im Nimptscher Kreise, Spiller und Johnsdorf im Löwenbergschen, Kamnitz im Hirschbergschen. Die Herrschaft selbst wohnte abwechselnd in Ullersdorf, Blauda und Wien. In Prauß wurde nur ab und zu einige Wochen lang gewohnt. Die Zierotins sind ein altes böhmisch-mährisches Rittergeschlecht und sollen einer Tradition zufolge auf die erloschene Zarendynastie Ruriks zurückgehen. Als Ahnherr wird Zdislav genannt. Durch dessen Söhne Budislav und Zemislav teilte sich das Geschlecht in die böhmische und mährisch-schlesische Linie. Johann Joachim von Zierotin, wurde von Kaiser Franz Joseph I. in Wien am 18.9.1706 in den Reichsgrafenstand mit dem Titel und Prädikat Hoch- und Wohlgeboren und von Kaiser Karl VI. am 4.4.1712 in den erbländisch-österreichischen Grafenstand erhoben.

Eine der ersten Maßnahmen der Luise Wilhelmine war die Rückgabe der Kirche zu Prauß an die Protestanten. Die Praußer Gemeinde ist um das Jahr 1534 zum lutherischen Glauben übergetreten. Als 1705 der Pastor Gottfried Burghard starb, wurde auf "Präsentation des Herrn Ludwig Reinhold Freiherrn von Lilgenau, Erbherr pp. nach der Intention Ihrer Kaiserl. Majestät glorwürdigsten Andenkens Leopoldi in Prauß ein katholischer Pfarrer eingesetzt. (Kirchenbuch der kath. Kirche) 1707 wurde, wie bereits erwähnt, die Kirche den Protestanten wieder zurückgegeben, seither verblieb sie auch Protestantisch. Für den katholischen Gottesdienst öffnete die Herrschaft die Schloßkapelle und gestattete den wenigen Katholiken, die nach dem Übertritt der Bewohner des Ortes und der umliegenden Dörfer noch vorhanden waren, den Besuch derselben. Da aber zu der Kapelle kein Kirchhof gehörte, so wurden die Toten katholischen Glaubens aus den Orten Prauß, Gollschau, Gorkau, Klein-Johnsdorf, Mallschau und Ranchwitz auf dem kath. Kirchhofe in Danchwitz, Kr. Strehlen, begraben. Dieser Zustand blieb bis zum Ende des Jahres 1836 bestehen. Erst jetzt gelang es der kath. Kirchgemeinde Prauß, einen eigenen Beerdigungsplatz im Orte selbst zu erwerben, der auch seitdem benutzt wird.

Luise Wilhelmine ließ nach dem Frieden von Passarowitz 1718 in Prauß einen Torturm mit zwei angelehnten Flügelhäuschen an der Einfahrt zum Schloßplatz errichten als Denkmal des Sieges, den Prinz Eugen 1716 bei Peterwardein über die Türken erfochten hatte. Johann Joachim von Zierotin unterhielt in Prauß eine Schloßgarde, die auf einem Gefreiten und 6 Mann bestand und in einem Haus untergebracht war, das heute noch den Namen "Musketierhaus" führt, Die Gräfin Luise Wilhelmine, seit 1716 verwitwet, starb am 29.7.1738 in Wien.

12. Johann Ludwig v. Zierotin (geb. 1692), Besitzer von Prauß 1738-1761.

Dieser erhielt am 23.2.1740 von Kaiser Karl VI. die Erlaubnis, Namen und Wappen des erloschenen Geschlechts v. Lilgenau mit dem angeborenen Namen und Wappen zu vereinigen und sich Graf und Herr von Zierotin, Freiherr von Lilgenau zu nennen. In den Jahren 1739 und 1740 hatte er die Herrschaft Prauß vermessen und das Grund- und Wappenbuch anlegen lassen. Die damals entstandene Vermessungskarte ist heute noch vorhanden. 1742 wurde auf Anforderung Friedrichs des Großen in Schlesien in einem Steuerkataster eine allgemeine Steuereinschätzung durchgeführt. Es wurde "in Praesentia des Herrn Landesältesten von Schickfuß auf Queitsch und Herrn von Tschierschky auf Kobelau als Kreisdeputiertem" am 29.12.1742 in Heidersdorf folgenden festgesetzt: "Die Indiction des Dominii des Dorfes Prauß ist auf 3839 Thlr. Schles., 4 Wgr. Heller und deren Untertanen auf 601 Thlr. Schles. 14 Wgr. Hlr. gesetzt. Nach der herrschaftlichen Bekenntnisspecification vom 30.4.1723 beläuft sich die Nutzung des Dominiums auf 5750 Thlr. Schl., 10 Sgr., 15 Hlr. und nach der Untertanen-Bekenntnis-Specification vom 3.5.1723 beläuft sich die Nutzung der Untertanenhöfe auf 158 Thlr., 6 Sgr.- Hlr. Nach der hiernächst aber aufgenommenen kommissarischen Befundstabelle vom 7.7.1725 ist die Nutzung des Dominii auf 5758 Thlr. Schl., 22 Sgr., 11 Hlr. und der Untertanen auf 166 Thlr. Schl., 14 Sgr., 4 1/2 Hlr. gewürdigt worden. Als jetziger Ertrag wird festgelegt: 2882 Thlr., 13 Sgr., 11 Hlr."

Johann Ludwig war vermählt mit Maria Franziska v. Herberstein (geb. 1697, gest. zu Wien 5.4.1763), aus welcher Ehe 6 Kinder entsprossen. Nach seinem am 11.5.1761 in Ullersdorf — dort ist er auch beigesetzt — erfolgten Tode folgte ihn sein Sohn.

13 Johann Karl von Zierotin (geb 1719) als Majoratsherr 1761-1775.

Während alle Zierotins, auch nach der Eroberung Schlesiens durch Friedrich den Großen, in österreichischen Diensten standen, war Johann Karl preußischer Kammerherr und Direktor der Königl. Schauspiele in Berlin. Während dieser Zeit war die Herrschaft Prauß an die verwitwete Gräfin von Dyhrn aus dem Oelsnischen verpachtet. Er war verheiratet mit Maria Josefa Gräfin von Königsegg, hatte aus dieser Ehe aber nur zwei Töchter. Mit Genehmigung der Königl. Oberamtsregierung in Breslau wurde am 18.3.1769 das Fideikommißhaus in Breslau an Johann von Pachaly verkauft und dafür von Ignatz Wilhelm von Senitz nach Inhalt des am 31.5.1768 errichteten Kaufkontraktes für 16750 Florin rheinl. oder 11116 Rthlr., 16 ggr. schwer Courant das Gut Mallschau erworben. 1772 brannte das Schloß Prauß ab, es wurde zu Lebzeiten des Besitzers nicht mehr aufgebaut.

Johann Karl starb in Berlin am 17.8.1775 im Alter von 56 Jahren.

14. Ludwig Anton von Zierotin, Majoratsherr auf Prauß 1775-1808.

Er war k. und k. wirklicher Kämmerer und Rat und wurde nun seines Bruders Majoratsnachfolger. Als solcher beantragte er bald darauf bei der Oberamtsregierung in Breslau die Aufnahme eines Darlehens von 10000 Thlr. zum Wiederaufbau des im Jahre 1772 abgebrannten Schlosses unter Zugrundelegung einer am 22.2.1696 erfolgten gerichtlichen Taxe, nach der die Güter der Herrschaft Prauß auf 85396 Florin rheinl. oder 56931 Rthlr. eingeschätzt worden waren. Da sich die Genehmigung hierfür verzögerte, richtete er am 22.3.1777 ein persönliches Schreiben in französischer Sprache an König Friedrich den Großen, worin er sich über die Schwierigkeiten, die ihm gemacht würden, beklagt und um Beschleunigung des Verfahrens bittet. Sofort erfolgte auch die Genehmigung durch eine Urkunde vom 4.5.1777 mit der eigenhändigen Unterschrift des Königs, die im Heimatmuseum in Nimptsch aufbewahrt wird.

Ludwig Anton war vermählt mit Caroline Gräfin Podstatski (geb. 1740, gest. 29.4.1765) und in 2. Ehe mit Maria Theresia Gräfin von Schrattenbach (geb. 20.10.1737, gest. 29.1.1803). Als er am 26.6.1808 starb, ohne männliche Erben zu hinterlassen, wurde sein 3. Bruder Besitzer von Prauß.

15. Josef Karl von Zierotin 1808-1814

Am 28.4.1809 hatte dieser durch den Justizkommissar Cogho beim Oberlandgericht Breslau für den König Friedrich Wilhelm III. den Huldigungseid geleistet, der mit folgenden Anfangsworten begann: "Ich, Leopold Gotthard Cogho huldige, gelobe und schwöre zu Gott dem Allwissenden und Allmächtigen in die Seele des Grafen Zierotin einen leiblichen Eid". Josef Karl war vermählt mit Johanna Gräfin von Schrattenbach und starb im Jahre 1814. Nach seinem Tode folgte ihm sein Sohn.

16. Franz Josef von Zierotin (geb. 6.4.1772) 1814-1845.

Dieser war k.k. Kämmerer und Geheimer Rat, sowie Direktor der k.k. Mährisch-Schlesischen Gesellschaft zur Förderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde. Am 7.9.1836 wurde er von Kaiser Ferdinand I. bei der Krönung in Prag zum St. Wenzelsritter geschlagen und erhielt noch in demselben Jahre das Kommandeurkreuz des Leopoldordens. Seine Gemahlin war Ernestine Freiin von Skrbensky, Palast- und Sternkreuzordensdame der Kaiserin. Der Graf starb am 30.5.1845 in Brünn und wurde am 3.6. desselben Jahres in der Familiengruft in Blauda beigesetzt. Die Gräfin verschied am 2.9.1854 im Schloße zu Blauda im 76. Lebensjahre und ist gleichfalls in der dasigen Gruft beigesetzt worden. Aus dieser Ehe waren 4 Kinder am Leben geblieben:

1. Gustav Graf von Zierotin, Freiherr von Lilgenau, geb. 13.9.1801. Dieser hoffnungsvolle Sohn starb auf tragische Weise am 25.5. 1828 in Brünn an den Folgen einer am 20.5. desselben Jahres zufällig erhaltenen tödlichen Schußwunde. Derselbe übte sich mit anderen jungen Offizieren auf der Schießwarte in Brünn im Scheibenschießen. Sein Büchsenspanner reichte ihm das geladene Gewehr in der geraden Richtung auf seine Person, und in demselben Augenblick, als er dasselbe in die Hand nehmen wollte, löste sich der Schuß, und die Kugel drang ihm in den Kopf. Die sterbliche Hülle des auf so tragische Weise Verschiedenen wurde am 28.5. desselben Jahres in der Familiengruft der Pfarrkirche zu Blauda beigesetzt.

2. Zdenko Graf und Herr von Zierotin, Freiherr von Lilgenau.

3. Mathilde Gräfin von Zierotin, Freiin von Lilgenau, nachmals verehelichte Gräfin Dubsky-Trzebomyslitz.

4. Ernestine Gräfin von Zierotin, Freiin von Lilgenau, später vermählte Grafin Serenyi von Kiß-Serenyi.

17. Zdenko von Zierotin (geb. 23.11.1812) Majoratsherr 1845-1887.

Er war k.k. Kämmerer und Rittmeister bei dem österreichischen Ulanenregiment Nr. 4 Kaiser Franz Joseph, bei welchem er 1848/49 den Krieg gegen Ungarn mitmachte. An diesen Krieg erinnert noch heute ein Denkmal im Praußer Schloßpark, das Zdenko seinem treuen Kriegspferd setzen ließ. (Landsmannkalender 1821) Während die Pyramide noch steht, ist der Pferdekopf nicht mehr vorhanden.

Unter seinem Güterdirektor Meier ist auf den Gütern von Prauß eine große Mißwirtschaft aufgekommen. Durch die übermäßig große Schafzucht lagen z.B. ganz Ranchwitz und der größte Teil von Gollschau als Schafweide brach, so daß keine Erträge mehr erzielt wurden. (In einem Briefe eines Pachtanwärters aus damaliger Zeit wird der Zustand des Gute Gollschau als "verwahrloste Wirtschaft" bezeichnet.) Da sich Graf Zdenko außerdem in große persönliche Schulden stürzte, zu denen besonders auch seine Maitresse, die Baronin Baillon beitrug, schlossen sich 1862 seine Gläubiger zu einem Konsortium zusammen und setzten eine Sequester ein. Der Bankier Ledermann aus Breslau übernahm dann sämtliche Schulden und sicherte sich durch die Übertragung der Einnahmen der Herrschaft. Graf Zdenko erhielt für seinen Unterhalt 12000 Mark pro Jahr und die Nutzung des Waldes. Um der Mißwirtschaft ein Ende zu machen, wurde die Herrschaft verpachtet und zwar die Güter Prauß, Ranchwitz, Mallschau, Klein-Johnsdorf und Gorkau an die Herren Wittwer und Merkel, Rothneudorf, Plottnitz und Gollschau an Herrn Hertwig. Gollschau übernahm später Herr Amtsrat Strauß in Karschau. Graf Zdenko, der von seinen Verwandten unter Kuratel gestellt war, konnte wieder aus derselben entlassen werden.

Graf Zdenko war vermählt mit der Gräfin Gabriele von Almasy. Er starb am 18.11.1887 zu Wien an einem Herzleiden im Alter von 75 Jahren und ist auf dem Zentral-Kirchhofe daselbst zur letzten Ruhe bestattet. Sein ältester Sohn Przemislav (geb. 18.2.1848, gest. 1908), der gleichfalls sehr verschuldet war, verzichtete auf die Majoratsherrschaft Prauß zu Gunsten seines Bruders Karl.

18. Karl von Zierotin (geb. 16.8.1850) Majoratsherr 1887-1923.

Dieser war 1887 Statthalter von Mähren und vermählte sich am 27.4.1897 mit Zdenka Freiin Podstatzki von Prussinowitz und Thonsern (geb. 5.9.1875). Infolge der jetzt geordneten Verhältnisse konnten die Schulden allmählich abgezahlt werden, so daß die Herrschaft Prauß wieder zu voller Blüte kam. Die Pachtung Prauß, Ranchwitz, Gorkau, Mallschau, Klein-Johnsdorf, Rothneudorf und Plottnitz ging 1887 auf den Herrn Paul Wittwer, Sohn des Franz Wittwer, über. Nach einer Meldung aus Prag vom 28.12.1934 ist der Reichsgraf Karl Emanuel von Zierotin in dem genannten Jahre im Alter von 84 Jahren verstorben. Seine Tochter Marie, verehelicht mit Graf Arco, ist seine Erbin. Das Geschlecht Zierotin und sein Sitz Ullersdorf ist von Grillparzer in dem Drama "Die Ahnfrau" unter dem Namen "Borotin" behandelt worden.

Auflösung der Herrschaft Prauß.

Im Jahre 1923 erfüllte sich das Schicksal eines Besitzes, der in Händen eines Nichtdeutschen war. Auf Grund der Siedlungsgesetzes wurde die Fideikommiß-Herrschaft Prauß in ihrer Gesamtheit enteignet und der Siedlungs-Landbank in Berlin zu Siedlungszwecken übergeben. Da die Enteignung gerade in die Zeit der Inflation fiel, so erhielt der letzte Besitzer von Prauß, Graf Karl von Zierotin, für seinen in dem früheren Kreise Nimptsch gelegenen Güterkomplex, der insgesamt 1706 Hektar groß war, gewiß eine hohe Summe in Papiermark, diese wurde aber durch die grasierende Inflationskrankheit noch während des Enteignungsverfahrens immer mehr entwertet. Zuletzt blieben dem Grafen nur noch 70000 Goldmark übrig, eine verschwindend kleine Summe für einen derart großen Besitz. Die Landbank Berlin hatte den Besitz Prauß zu einem lächerlich niedrigen Preise in Händen. Was geschah nun weiter mit den einzelnen Gütern des Fideikommisses? Prauß selbst blieb als 320 Hektar großes Restgut bestehen, wechselte mehrere Male seinen Besitzer und gehört jetzt der Firma vom Rath, Schöller und Skene AG. in Klettendorf, Kr. Breslau. Das Schloß und den gesamten Waldbesitz der Herrschaft kaufte 1924 Rittmeister a.D Baron Rudolf von Skrbensky. Desgleichen blieb auch das 255,5 Hektar große Gut in Gollschau als solches weiter bestehen, weil es verpachtet war und die Pacht noch bis 1938 lief. Letzter Pächter war Erhart v. Hancke in Nieder-Peilau Inzwischen ist dieses Gut auch in Besitz des Barons von Skrbensky übergangen. Nach Ablauf der Pacht hat es der Besitzer in Selbstbewirtschaftung übernomen. Die Güter in Ranchwitz, Gorkau, Klein-Johnsdorf, Mallschau und Plottnitz (letzteres aber ohne Waldteil) wurden vollständig gesiedelt. Roth-Neudorf wurde nur in kleinem Maße Siedlungszwecken zugänglich gemacht, der größte Teil des Gutes (197 Hektar, davon 73 Hektar Wald) ist jetzt Eigentum der Georg Hertwigschen Erben.

Quellen: Urkunden zur Chronik der evang. Pfarrkirche Prauß; Chronik der evang Organisten- und Schulstelle in Prauß; Chronik der kath Schulstelle Prauß; Chronik von Prauß von H.A. Witwer; Schlesisches Güteradreßbuch 1921 und 1937.

Gollschau im 20. Jahrhundert.

a) Die Zeit bis 1939. Im Jahre 1905 schrieb der Kgl. Kreisschulinspektor des Kr. Nimptsch, Fr. K. Haedrich, im 1. Teil seiner "Kleinen Heimatkunde des Kreises und der Stadt Nimptsch in Schlesien" (erschienen im Flemming-Verlag in Glogau) auf S. 18 über Gollschau folgendes: "400 Einwohner, fast alle evangelisch, einige altlutherisch und katholisch, evgl. Schule, Kiefernberg (Basalt), Gorkauer Berg (Granit), Paß, Quellen der kleinen Lohe. Geologisch interessant. Johnsdorfer Tal mit schluchtenartigen Charakter. Günstige Wasserverhältnisse des Ortes wegen Lage an Hügeln, Teiche, Moor, Ackerland. Reiche Obstbaumzucht. Singvögel. Steinhämmer, Urnengräber, Tonkrüge. 1895 Erdbeben."

Am 1. Februar 1908 übernahm der spätere Verfasser der "Geschichte von Gollschau", Paul Szyszka, der bis dahin 2. Lehrer im benachbarten Karschau gewesen war, die erste, die alleinige Lehrerstelle in Gollschau. Graf Zierotin, der in Blauda/ Mähren wohnte und in Prauß dem Kirchdorf von Gollschau, nur ganz kurze Gastrollen gab, hatte als Rittergutsbesitzer und Amtsvorsteher das Besetzungsrecht und ließ Paul Szyszka durch seinen Verwalter, Herrn v. Golitschek, in das Dorf holen, dem er viele Jahrzehnte hindurch treu bleiben sollte. In Gollschau erhielt der neue Lehrer 1100 Mark Jahres Gehalt; für ältere Lehrer kam später eine Alterszulage von 130 Mark hinzu. Nebenbei übernahm er noch für 120 Mark Jahresgehalt den Gemeindeschreiberposten. Er heiratete in Gollschau am 5. März 1908. Sein Sohn Gerhard wurde am 23.1.1909, seine Tochter Ilse am 16.9.1910 und ein drittes Kind Manfred am 29.10.1912 geboren.

Bald kam der 1. Weltkrieg, und die Ernährungsverhältnisse wurden auch in Gollschau immer schwieriger. Lehrer Szyszka wurde nicht eingezogen und versah den ganzen Krieg hindurch den Schul- und Gemeindeschreiberdienst in Gollschau. Das Dorf mußte in diesem Krieg einen hohen Blutzoll entrichten. Es fielen die Dorfbewohner Traugott Heckert, Alfred Kappler, Artur Kappler, Wilhelm Kirschstein, Kupka, Schuster, Max Weinbrich, Reinhold Weinbrich, Paul Winkler und zwei weitere Männer. Für die Gefallenen wurde mitten im Dorf ein Kriegerdenkmal errichtet.

Nach Kriegsende war in Gollschau wider Erwarten alles ruhig; Unruhen und Spartakistenkämpfe spielten sich mehr in den Großstädten ab, das flache Land blieb davon mehr oder weniger verschont. Obwohl wegen des Granitsteinbruchs im nahen Gorkau in Gollschau zahlreiche der SPD oder KPD angehörige Steinarbeiter ansässig waren, kam es zwischen ihnen und den Bauern nicht zu ernsteren Zusammenstößen. Die Nachkriegsnot und vor allem die Inflation traf alle gleich schwer. Die Bauern im Ort unterstützten die Arbeiter zudem in großzügiger Weise und gaben zu annehmbaren Preisen ab, was nur eben möglich war. So blieben Ruhe und Ordnung in der Gemeinde gewahrt. Sogar der bisherige Dorfschulze, der Bauer Gustav Heckert sen., wurde wiedergewählt. Dieser Gemeindevorsteher starb 1923 auf dem Heimweg von der Kirche in Strehlen in Niklasdorf an Herzschlag. Sein Nachfolger wurde Konrad Kappler (bis 1945). Bis 1933 war der 1. Schöffe der Bauer Hermann Drieschner, der 2. Schöffe der Gorkauer Steinbruch Schmied Max Stephan. 1923 wurde Graf Zierotin als Ausländer enteignet. Nach einem Zwischenspiel kaufte später Rudolf v. Skrbensky das Rittergut Gollschau.

In dieser trostlosen Zeit herrschte in allen Schichten große Unzufriedenheit, die sich, vor allem die Kommunisten und die Nazis zunutze machten. Stürmische Versammlungen fanden damals im Amtsbezirk Prauß statt, dessen Amtsvorsteher Lehrer Szyszka war. Er stand den Demokraten nahe und hatte die Versammlungen zu genehmigen und zu überwachen. Als er, um Blutvergießen zu vermeiden, den Nazis durchaus keine Genehmigung erteilen wollte, in dem fast ausschließlich von Sozialisten bevölkerten Steinbruch-Dorf Gorkau ihre Veranstaltungen abzuhalten, spitzte sich für ihn die Situation rasch zu. Am Abend des 8. August 1932, einem Sonntag, war es dann soweit. Im Dorfkrug bei Steiner fand bis 1 Uhr nachts ein Tanzvergnügen statt, zu dem sich auch viele Nazianhänger eingefunden hatten. Gegen 2 Uhr nachts begann von Dorfschule ein Motorrad überlaut zu arbeiten, und es folgte eine krachende Detonation. Das Motorrad brauste davon. Das sich im unteren Teil des Schulhauses befindliche Wohnzimmer Amtsvorsteher Szyszkas war vollständig demoliert, alle Möbel waren zerstört, die Türen herausgerissen, die Fenster ohne Glas. Eine Handgranate war durch das Fenster ins Zimmer geworfen worden und dort explodiert. Die Täter (Nazis) wurden erkannt, flüchteten jedoch ins Ausland. Lehrer Szyszka erhielt vom Staat bzw. von der Gemeinde 1100 Mark Schadenersatz.

Nach Hitlers Machtübernahme im Jahre 1933 wurde Paul Szyszka sogleich als Amtsvorsteher abgelöst, durfte aber im Lehramt verbleiben. Der neue Amtsvorsteher, sein Kollege Piscol aus Prauß, ließ ihn unbehelligt. Alle Beamten mußte jedoch ihre besoldeten Nebenämter niederlegen. So hatte nun auch Lehrer Szyszka viel Zeit, sich heimatkundlichen Forschungen zu widmen und die "Geschichte des Dorfes Gollschau" niederzuschreiben, die schließlich in ihren einzelnen Teilen im "Nimptscher Landsmannkalender" zwischen 1936 und 1941 abgedruckt wurde.

Im strengen Winter 1928/29 erfroren auch in Gollschau alle Kirschbäume und das gute Tafelobst, sofern die Bäume nicht auf der Anhöhe und auf den Bergen standen. Später sind dann die Straßenränder in Richtung Karschau mit Birnbäumen bepflanzt worden. Die Obsthändler holten aus Gollschau das Obst zentnerweise ab. 1939 gab es so viele Pflaumen daß die Äste brachen.

Der Vorsitzende des Feuerwehrvereins Gollschau war Ernst Heckert, der Leiter der Theatergruppe Richard Mundel. Der Gastwirt Oswald (später Steiner) ließ in den 20 er Jahren an seinen großen Tanzsaal eine Bühne anbauen - und dann wurde in Gollschau, wie überall im Nimptscher Land, fleißig Theater gespielt. Manchmal kamen auch Breslauer Theatergruppen nach Gollschau und führten dort volkstümliche Stücke wie "Der Trompeter von Sackingen" oder "Mein Land Tirol" auf. Die dem Feuerwehrverein angeschlossene Gollschauer Theatergruppe brachte im folgenden Jahr selbst ein Trioler Stück auf die Bühne. Der Saal war so überfüllt, das eine Wiederholung notwendig wurde. Im nächsten Jahr wurde "Der Sternhofer" gegeben. Besonders lustig waren die Übungsabende. Die Feuerwehrtheatergruppe Gollschau hatte sich bald einen Namen gemacht. Fotos von Aufführungen gibt es vom April 1929, von 1932 und vom Januar 1933.

Sehr beliebt waren auch die gemeinsamen Schlittenfahrten der Jugend zum Rummelsberg. Um 13 Uhr ging die Fahrt gewöhnlich los. Nachdem man nach zwei Stunden oben auf dem Berg angekommen war, wurde dort Kaffee getrunken und dann nach Herzenslust gerodelt bzw. Ski gelaufen. Nach dem Abendessen begannen Spiel und Tanz. In der Nacht kam die Gollschauer Jugend erst gegen 2 oder 3 Uhr freudig bewegt ins Dorf zurück. Noch lange wurde von diesen schönen Fahrten erzählt. Fotos davon wurden unter anderem am 10.2.1931 und am 31.1.1933 gemacht.

Zu den Gollschauer Hochzeiten wanden die Mädchen des Ortes Ehrenpforten. Dabei ging es lustig und neckisch zu. Auch an den Polterabenden wurden allerhand Streiche verübt, so etwa die Tür des Hochzeitshauses mit Bundholz versetzt.

b) Die Zeit nach 1939. Der 2. Weltkrieg setzte dem fröhlichen Treiben ein jähes Ende. Paul Szyszka hat der die Kriegs- und Nachkriegszeit ausführlich berichtet; das wichtigste aus seinen Aufzeichnungen sei hier wiedergegeben:

September 1939: Einberufung der ersten Reservistenjahrgänge, Einquartierung, Ausgabe von Lebensmittelkarten und Bezugsscheinen. Gleich in den ersten Tagen mußten zu den Waffen: Reinhold Binke, Adolf Drauschke, Walter Kirschstein, Herbert Müller, Oskar Schneider, Erwin Seiler, Martin Sperlich, Walter Thiemt und viele andere. In der Landwirtschaft machte sich das Fehlen der Arbeitskräfte wie der ausgemusterten Pferde rasch unangenehm bemerkbar. Da Bürgermeister Kappler mit der Ausgabe der zahllosen Lebensmittel- und Kleiderkarten sowie der Bezugsscheine nicht allein fertig wurde, mußten Herr und Frau Szyszka helfend einspringen. Ein heilloser - und oft genug sinnloser - Papierkrieg begann.

Bald trafen französische Kriegsgefangene als landwirtschaftliche Hilfsarbeiter in Gollschau ein: zehn für das Dominium, und zehn für die Bauern. Untergebracht waren diese zumeist fleißigen Leute zuerst bei Bauer Reinhold Drescher, später im Saal des Gasthauses Drauschke. Der jeweilige Wachtposten logierte ebenfalls dort, wurde aber bei Bauer Kappler verpflegt. 1945 machten die französischen Kriegsgefangenen sogar die Flucht nach Bad Langenau in der Grafschaft Glatz mit.

Frau Szyszka versah ab 1.10.1939 vormittags wieder ihren Dienst als Posthelferin, da der Poststelleninhaber zum Kriegsdienst eingezogen worden war. Sie erhielt außerdem noch andere Nebenämter übertragen (NSV, Jugendfürsorge, Kulturwart). Am 1.5.1939 war der tüchtige 2. Gollschauer Lehrer, Fritz Pabel, wegen zu geringer Schülerzahl urplötzlich als 2. Lehrer nach Manze versetzt worden, und Lehrer Szyszka war in Gollschau wieder alleiniger Lehrer. Bald wurde im Ort ein Kindergarten eingerichtet und eine junge Kindergärtnerin eingestellt.

Der Luftschutz erforderte auch in Gollschau besondere Vorkehrungen. Lehrer Szyszka wurde als Nachfolger von Lehrer Oschließ, Prauß, frühzeitig zum Gemeindegruppenführer ernannt, da Lehrer Orion aus Gorkau sich standhaft weigerte, dieses undankbare Amt anzunehmen. Die überregionalen Luftschutzkurse fanden in der Luftschutzschule in Breslau in der von der Partei beschlagnahmten Villa des Professors Fränkel in Scheitnig statt. Jeder Lehrgang dauerte sechs Tage. Jedes Gehöft und jedes Haus in Gollschau mußte nun mit Feuerlöschgeräten versehen werden; mit Handspritze, Feuerhaken, Patsche, Leine, Spaten, Axt, Wassergefäßen und Löschsand. An den Sonntagen wurden Löschübungen, z.T. mit Gasmasken durchgeführt. Vor allem mußten aus den alten, ungeeigneten Kartoffelkellern rasch Luftschutzkeller gezaubert werden.

Auch DRK-Gruppen wurden in Prauß von Oberarzt Dr. John ausgebildet. An diesen Abenden ging es trotz der scharfen Ausbildung gemütlich und kameradschaftlich zu. Als in Karschau Dörings Nachfolger, der Kantor Gramatte, zum Kriegsdienst eingezogen wurde, mußte Paul Szyszka auch jeden Sonntag noch nach Karschau pilgern und dort den Orgeldienst versehen.

Da Schlesien allmählich zum "Reichsluftschutzkeller" geworden war, kamen bald ausgebombte Frauen und Kinder aus Berlin, Köln, Magdeburg und anderen Großstädten als Evakuierte aufs Land - so auch nach Gollschau. Dort gefiel es ihnen natürlich nicht, und so kehrten sie dem Dorf bald wieder den Rücken. Nur die Kinder ließen sie da. Auch Batschkadeutsche aus Ungarn landeten in Gollschau und fanden dort Unterkunft.

Bereits im Laufe des Sommers 1944 wurden alle männlichen und weiblichen Personen des ganzen Regierungbezirks Breslau registriert und die Männer schließlich für einige Monate bei Schanzarbeiten ("Unternehmen Bartold") rings um Breslau verwendet. Es wurden Laufgräben und Geschützstellungen ausgehoben. Im Herbst 1944 mußten sich auch alle übrigen verfügbaren Kräfte aus Stadt und Land sonntags an diesen Arbeiten beteiligen. An die Gollschauer erging an zwei Sonntagen ebenfalls der "große" Befehl. Auf Kastenwagen wurden sie in aller Frühe nach Kurtwitz zur Bahn befördert; bereits um 6 Uhr sollte der "Extrazug" in Richtung Strehlen-Breslau abfahren. Auf allen Haltestellen stiegen neue Arbeitskolonnen zu. In Rothbach (früher Rothsürben) wurde ausgestiegen, und um 10 Uhr stand jeder an seinem Arbeitsplatz. Der herzustellende Graben hatte einen Querschnitt von 1,2 m Tiefe, oben eine Breite von 0,90 m, unten eine solche von 0,60 m. Um 15 Uhr wurde wieder abgerückt. Gegen 19 Uhr war jeder wieder daheim.

Zum Volkssturm wurden auch aus Gollschau alle Männer bis zum 60. Lebensjahr herangezogen. Führer des Volkssturm-Bataillons Prauß und Umgegend war Graf Stilfried in Silbitz. Es wurden Übungen veranstaltet und Straßensperren gebaut.

Im Januar 1945 trafen die ersten Flüchtlingsmassen aus den östlichen Gebieten Schlesiens auch in Gollschau ein und wurden dort verpflegt und vorübergehend untergebracht. Bald zogen sie weiter, und neue rückten nach. Auch das Schulhaus war voll besetzt; die Weihnachtsferien hatten schon an 15. Dezember begonnen. Einen Schulanfang nach den Ferien gab es nicht mehr. Die Klassenzimmer mußten für Flüchtlinge freigehalten werden. Sie wurden mit Stroh ausgelegt, und Massenquartier war fertig.

Bald fiel reichlich Schnee, und grimmige Kälte und klirrender Frost stellten sich ein. Auf der Straße Strehlen-Nimptsch bewegte sich ein ständiger Flüchtlingszug. Dauernd war Geschützdonner aus östlichen Richtung zu vernehmen. Am 7. Februar 1945 wurde auch die Evakuierung Gollschaus befohlen, dann noch einmal verschoben. Bereits 8. Februar wurde sämtliches Rindvieh abgetrieben, und alle fremdem Flüchtlinge mußten das Dorf verlassen. Am 9.2. machte sich schließlich der Gollschauer und Karschauer Treck in Richtung Lauenbrunn und weiter nach der Grafschaft Glatz auf den Weg. Feindlicher Tiefflieger griffen die Abziehenden an, warfen Bomben und schossen mit Bordwaffen. Die katholische Schule in Prauß erhielt einen Volltreffer und wurde gänzlich zerstört. Auf den Wiesen zwischen Gollschau und Prauß waren später zahlreiche Bombentrichter zu sehen. Vom Zobten herüber hörten die Flüchtenden ständig Geschützdonner. Der Treck fand schließlich eine Bleibe in Bad bzw. Ober-Langenau, Kr. Habelschwerdt.

Die Familien Szyszka flüchtete nicht mit dem Gollschauer Treck, sondern mit ihrer in Guttmannsdorf verheirateten Tochter. Sie verließen diesen Ort am 19.2.1945, einem Montag, und fuhren über Gnadenfrei, Baumgarten, Glatz, Braunau bis Nachod in der Tschechei und schließlich wieder nach Walditz bei Neurode. Noch am 1. Mai 1945 reisten Szyszkas von Walditz aus mit der Bahn nach Glatz nach Bad Langenau, um die dort untergebrachten Gollschauer zu besuchen.

Am 17. Mai 1945 kehrte Paul Szyszka "als Spähtrupp" nach Gollschau zurück. Das Dorf war fast menschenleer, aber trotz der nahen Kämpfe ziemlich unversehrt geblieben. Bei Kapplers Auszugshaus fehlte lediglich das halbe Dach, bei Drieschner war das zweite Haus und bei Holdt das Wohnhaus sowie beim Dominium der Schafstall beschädigt. Ansonsten hatte es nur kleinere Dachschäden gegeben. Im Dorf befanden sich zunächst nur die Stellenbesitzer, die bei der Evakuierung mit ihren Kühen lediglich bis Klein-Johnsdorf und später bis Siegroth und Lauenbrunn gezogen und dann dort geblieben waren. Sie konnten bereits am 11. Mai 1945 wieder nach Gollschau zurückkehren. Auch einige Arbeiter waren schon im Ort. In den Häusern und auf den Höfen des Dorfes herrschte furchtbare Unordnung, die Wohnungen waren zumeist geplündert. Von Russen war nirgends eine Spur zu sehen; sie waren jedoch kurz dagewesen und hatten Steinarbeiter Ewald Wildner zum neuen Bürgermeister bestimmt. Am Abend des 17. Mai 1945 kamen auch die meisten übrigen Flüchtlinge mit ihren Gespannen aus Langenau an, der Rest am 19. Mai.

Karschau war zu 90 % zerstört, Strehlen glich einem Trümmerhaufen. Um das Gollschauer Kriegerdenkmal 1914/18 herum war ein Soldatenfriedhof entstanden. Die während der Kampfhandlungen um Karschau und an der Eisenbahnstrecke Strehlen-Heidersdorf entlang gefallenen deutschen Soldaten wurden zur Nachtzeit nach Gollschau gebracht und dort zunächst in Massengräbern am Kriegerdenkmal beigesetzt. Später wurden die Gefallenen in Reihengräbern einzeln bestattet, und jedes Grab erhielt ein einfaches, beschriftetes Holzkreuz. So ruhten mitten im Dorf Gollschau etwa 135 Gefallene aus allen deutschen Gauen.

In Gollschau begann sich das Leben wieder zu normalisieren. Lebensmittel wurden verteilt und die Häuser gereinigt. Der zunächst wiederaufgenommene Schulunterricht mußte wegen mehrerer Typhusfälle freilich bald wieder eingestellt werden. Ab und zu plünderten Russen. Am 24. Juni 1945 wurde in Gollschau die erste polnische Fahne neben dem Spritzenhaus gehißt. Sie mußte von sich alle zwei Stunden abwechselnden Deutschen aus Gollschau und Gorkau Tag und Nacht bewacht werden. Das Dorf wurde zunächst Goleschow getauft. Am 23.7.1945 stellte sich auch ein ganz junger polnischer Bürgermeister ein, der mit Vorliebe gemeinsam mit den jungen Burschen der Praußer Miliz nachts "Haussuchungen" durchführte und sich dabei tüchtig bereicherte. Er verschwand dann ebenso plötzlich wie er gekommen war. Zwei weitere "Bürgermeister" erschienen gar gleichzeitig im Gollschauer Schlaraffenland und verdufteten ebenfalls mit reicher Beute. Der deutsche Bürgermeister war nur noch eine Attrappe. Am 21. August 1945 wurde der wiederaufgenommene deutsche Unterricht von einem sogenannten polnischen "Schulinspektor" endgültig verboten. Auch er bereicherte sich zunächst einmal ausgiebig.

Einige Gollschauer mußten auf den Karschauer Feldern Minen suchen, glücklicherweise gab es dabei keinen Unfall. Zu der gefährlichen Minenräumarbeit wurden herangezogen: Bürgermeister Konrad Kappler, Ernst Heckert, Adolf Drauschke, Robert Warkuß, Emil Pauer und auch einige Frauen. Am 14.8.1945 kamen polnische Familien in größerer Zahl in Gollschau an und wurden bei den Bauern "einquartiert". Die neuen Herren ließen die Deutschen nun als Knechte für sich arbeiten.

Am 30.9.1945 wurde Hauptlehrer Mohaupt/ Prauß innerhalb kurzer Frist aus seiner Wohnung gejagt und vier Wochen lang im berüchtigten Strehlener Gefängnis inhaftiert. Seine Frau fand in Prieborn eine notdürftige Bleibe. Am 2. Oktober 1945 war dann auch Lehrer Szyszka dran; innerhalb 15 Minuten mußte er das Schulhaus räumen, mitnehmen durfte er das Notwendigste, Gollschau aber bei Strafe nicht mehr betreten. In Markt-Bohrau fand er schließlich eine vorläufige Unterkunft. Die Gollschauer versorgten ihren beliebten Lehrer in alter Treue weiterhin mit Lebensmitteln.

Der Bauer Gustav Heckert wurde von den Polen verhaftet und mißhandelt und ist an den Verletzungen im Kerker in Breslau gestorben. An Typhus starben 1945: Frau Eiermann, Wolfgang Drauschke (2 Jahre alt), Erna, Walli und Manfred Kittlaus sowie eine Schwester von Frau Hanke.

Am 5. August 1946 ging der erste Vertreibungstransport aus Gollschau und Karschau nach Westdeutschland in die Gegend von Lüneburg ab. Zunächst erfolgte die Fahrt nach der Kreisstadt Strehlen, dort die Ausplünderung (Kontrolle) und schließlich die Abfahrt in Viehwaggons, die mit je 35 Personen besetzt waren. Der 2. Transport brach 1947 nach Mitteldeutschland in die weitere Umgebung von Brandenburg auf. 1946 blieben in Gollschau nur die Familien Adolf Drauschke und sämtlichen Dominium-Arbeiter zurück, außerdem der von den Russen eingesetzte Bürgermeister, der Steinarbeiter Ewald Wildner. Sie alle verließen Gollschau jedoch mit dem 2. Transport.

Heute sieht in Gollschau alles sehr verfallen aus; nur drei Häuser sind in einigermaßen guten Zustand, und zwar die von Walter Hanke, Hermann Drieschner und Robert Warkuß. Neubauten gibt es nicht.


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